Ein Denkmal für Köbi Kuhn?

Jakob Kuhn; © R. Niemeyer

(causasportnews / red. / 28. Juli 2020) „Corona“ hat eine Umwertung gewisser Werte gebracht und tangiert in einer ethisch hoch-aufgeladenen Welt auch das Geschichtsbewusstsein. Man weiss es ja genau: Die Geschichte ist wohl eine der nutzlosesten Forschungs-Disziplinen. Denn es entspricht der Notorietät: Der Mensch lehrt nie aus der Geschichte, deshalb ist sie so wichtig wie ein Fahrrad, das im Zweirad-verrückten China umfällt. Mit „Corona“ verhält es sich bekanntlich so, dass für diese Pandemie niemand eine „Schuld“ trägt und auch niemand dafür verantwortlich gemacht werden kann – die Nation der Fahrradfahrer aus dem fernen Osten wird zwar wegen „Corona“ verdächtigt, aber erhärtet ist bis anhin nichts, geschweige denn, dass den Chinesen eine „Schuld“ an der derzeitigen, mundialen Katastrophe nachgewiesen werden könnte. Für den Menschen ist es wohl am schlimmsten, nicht zu wissen, wer für ein Unglück verantwortlich ist oder wer dafür verantwortlich gemacht werden kann.

Unglücke oder auch unglückliche Konstellationen gibt es auf unserem Planeten zuhauf. Irgendwie werden nun „Schuldige“ intensiv für alles gesucht. Kein Wunder, dass nun überall auf der Welt Menschen, die durch ihre frühere Anwesenheit auf der Welt oder irgendwelche Aktivitäten in einem gewissen Sinne nachhaltig geworden sind, der Kampf angesagt wird. Die Versinnbildlichungen des markant Vergangenen bilden Denkmäler, die vor allem wichtigen Männern eine post-vitale Präsenz in der nach-Welt garantieren. Ab und zu werden auch Frauen in den Stand der Säulenheiligen befördert. Doch dieser Status bröckelt allgemein. Überall werden Berühmtheiten aller Art von den Sockeln geholt. Irgendwie haben sich schliesslich auch diese Berühmtheiten Fehltritte erlaubt – sei es als Eroberer, Unterdrücker oder Menschenschinder. Vor ein paar Tagen hat es Christoph Kolumbus erwischt: Die Staute des italienischen Entdeckers wurde im US-Bundesstaat Minnesota demontiert. Auslöser waren Kundgebungen gegen Polizeigewalt und Rassismus. Sogar in der friedfertigen Schweiz geht es Denkmälern an den Kragen. Am Zürcher Bahnhofplatz steht ein solches von Alfred Escher, einem gewieften Unternehmer (u.a. Gründer der Credit Suisse und „Vater“ des Gotthard-Tunnels), dessen Erinnerungsstück nun bestenfalls ins Museum abtransportiert werden soll. Die Familie habe einen Teil ihres Reichtums schuftenden Sklaven in Kaffee-Plantagen zu verdanken; wer seinen Reichtum so aufgehäuft hat, gehört vor allem in der tief-roten Stadt Zürich aus der Erinnerung und von öffentlichem Grund verbannt.

Und in Zürich wird derzeit über ein Denkmal, das einem der bekanntesten Fussballspieler der Zwinglistadt gewidmet sein soll, lebhaft diskutiert. Mehr wird daraus aber wohl nichts, denn Denkmäler sind in dieser Stadt, welche alles auf die Karte „Fahrrad“ setzt, nicht mehrheitsfähig. Das geht auch nicht, wenn sich der Betroffene von ganz unten hochgearbeitet hat, immer bescheiden und nahbar geblieben ist und Jakob („Köbi“) Kuhn hiess. Der im letzten Jahr verstorbene, langjährige Mittelfeldstratege des FC Zürich, der versierte Nationalspieler und zuletzt Trainer der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft wäre für ein Denkmal prädestiniert; zumal er in Repräsentant des apolitischen Sports war. Das meint vor allem auch seine Witwe, die findet, Köbi Kuhn solle in Bronze weiterhin durch entsprechende Präsenz seinen positiven Geist und seine Philanthropie von einem Sockel in Zürich-Wiedikon aus über die Menschen verbreiten. Das sieht der Zürcher Stadtrat ziemlich anders und bekämpft dieses bourgeoise Projekt, auch wenn Köbi Kuhn als Prototyp des Emporkömmlings aus der Unterschicht gilt. Klar, ein Denkmal hat mit der sozialistisch-kommunistischen Denke von Gleichheit und Gleichmacherei nichts zu tun. Deshalb wird einer der genialsten, ehemaligen Fussballspieler, den die Schweiz je hatte, seinen letzten Platz wohl lediglich in der Sport-Historie finden. Velo-Ausflüge von Schulklassen zum angedachten Denkmal von Köbi Kuhn auf der „Fritschiwiese“ in Zürich werden Träume bleiben.

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