
Nationale Glücksspielregulierung und EU-Recht: Die Europäische Kommission hat andere Prioritäten
(causasportnews / red. / 7. Dezember 2017) Die Frage der Vereinbarkeit der nationalen Regelungen der EU-Mitgliedstaaten im Glücks- bzw. Geldspielbereich mit dem EU-Recht beschäftigt immer wieder nicht nur die Gerichte und Behörden der Mitgliedstaaten selbst, sondern auch die Organe der EU (vgl. etwa causasportnews vom 17. Juni 2017 sowie causasportnews vom 14. Juni 2017). So sind bereits zahlreiche Urteile des Gerichtshofs der EU (EUGH) zu dieser Frage ergangen, und auch die Europäische Kommission war wiederholt mit entsprechenden Beschwerden befasst worden. Was dabei insbesondere die Kommission anbelangt, waren bei dieser sog. Vertragsverletzungsverfahren gegen mehrere Mitgliedstaaten der Union hängig. Im Rahmen solcher Verfahren prüft die Kommission als „Hüterin der Verträge“ (gemeint sind die völkerrechtlichen Grundlagenverträge, auf denen die EU beruht, also insbesondere der EUV sowie der AEUV) die Vereinbarkeit nationaler Massnahmen mit dem EU-Recht und interveniert bei den betroffenen Mitgliedstaaten, falls sie zum Schluss kommt, dass deren Regelungen nicht im Einklang mit dem EU-Recht stehen. Im äussersten Fall kann die Kommission einzelne Mitgliedstaaten auch wegen Verletzung des Unionsrechts vor dem EUGH verklagen.
Was nun allerdings die bei der Europäischen Kommission anhängigen Vertragsverletzungsverfahren wegen potenzieller Verstösse einzelner EU-Mitgliedstaaten gegen das Unionsrecht, die diese durch ihre Regelungen des Glücksspielsektors begangen haben könnten, hat die Kommission nunmehr entschieden, dass sie sämtliche dieser Verfahren einstellt. Demnach haben die betroffenen Mitgliedstaaten seitens der Kommission diesbezüglich nichts mehr zu befürchten. Die EU-Behörde begründet dies mit den „strategischen Prioritäten“ der gegenwärtigen Kommission unter ihrem Präsidenten Jean-Claude Juncker. Sprich: Sie hat Wichtigeres zu tun.
Dieser Schritt bedeutet freilich nicht, dass die EU-Mitgliedstaaten im Bereich des Glücks- bzw. Geldspiels nun EU-rechtlich „carte blanche“ hätten. Die Frage der Vereinbarkeit entsprechender nationaler Regelungen mit dem EU-Recht kann nach wie vor (auch) durch die mitgliedstaatlichen Gerichte sowie – unter bestimmten Umständen – durch den EUGH geprüft werden. Die entsprechenden Verfahren sind ohnehin schneller und effizienter als die Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Kommission.