(causasportnews / rbr. / 8. Dezember 2017) Buchstäblich in letzter Minute haben sich der Weltverband des Radsports UCI (Union Cycliste Internationale) und der slowakische Weltklasse-Rennfahrer Peter Sagan (zuletzt dreimal in Folge Strassenweltmeister) aussergerichtlich geeinigt und verhinderten so, dass das internationale Sportschiedsgericht CAS (Court of Arbitration for Sport) über den zwischen den Parteien bestehenden Streitfall urteilte. Die Gerichtsverhandlung hätte vergangenen Dienstag, 5. Dezember 2017, stattfinden sollen.
Anlass der Auseinandersetzung bildete der Ausschluss Peter Sagans von der Tour de France 2017. Im Zielsprint der 4. Etappe vom 4. Juli 2017 in Vittel brachte Peter Sagan seinen Konkurrenten Mark Cavendish zu Fall. Die Rennkommission machte nach Studium der Fernsehbilder Peter Sagan für diesen Sturz verantwortlich, indem es sein Verhalten als absichtlich qualifizierte (er hatte seinen Ellbogen in Richtung Mark Cavendish ausgefahren). Sie schloss ihn gestützt auf Regel 12.1.040, Ziff. 10.2, der UCI-Regeln (irregulärer Sprint) mit sofortiger Wirkung von der Tour de France aus und büsste ihn mit zweihundert Franken. Mark Cavendish konnte die Rundfahrt verletzungshalber ebenfalls nicht fortsetzen. Das Team Peter Sagans (Denk Pro Cycling Team/BORA – hansgrohe) und der Fahrer legten gegen den entsprechenden Sanktionsentscheid Berufung beim CAS ein. Unmittelbar nach dem Ausschluss Peter Sagans stellten sie beim CAS zudem ein Gesuch um vorsorgliche Massnahmen, welches dieses am 5. Juli 2017 jedoch abwies (CAS 2017/A/5225). Das Team Peter Sagans und die UCI liessen nun unmittelbar vor Beginn der Schiedsverhandlung in einer gemeinsamen Erklärung verlauten, dass im Verfahren vor dem CAS neues Videomaterial eingereicht worden sei, das im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht zur Verfügung gestanden hätte. Gestützt darauf sei von einem „unglücklichen und unabsichtlichen Zwischenfall“ auszugehen. Gleichwohl hätte die UCI, so die Erklärung weiter, ihre Entscheidung damals nach bestem Wissen und Gewissen gefällt. Entsprechend zogen Peter Sagan und sein Team ihre Berufung gegen den Entscheid zurück, woraufhin das CAS das Verfahren abschrieb.
Der Abschluss des Verfahrens mutet salomonisch an, indem beiden Seiten in bestimmter Weise Recht gegeben wird. Im Kern bedeutet der Vergleich freilich eine Anerkennung der UCI, dass ihr Entscheid vom 4. Juli 2017, Peter Sagan von der Tour de France auszuschliessen, falsch war. Rückgängig machen lässt sich der (nun wohl als ungerechtfertigt zu qualifizierende) Ausschluss allerdings nicht mehr, und wirtschaftlich ist der Schaden für Peter Sagan und sein Team bereits angerichtet (entgangene Marketing- und Werbemöglichkeiten, Preisgelder, usw.). Für die UCI wird es in erster Linie darum gegangen sein, für diesen Schaden, der eine beträchtliche Höhe erreicht haben dürfte, nicht zur Kasse gebeten zu werden; im Gegenzug war sie offenbar bereit, Peter Sagan zu rehabilitieren. Der Fall zeigt exemplarisch, dass für Sportler in der Regel der vorsorgliche Rechtsschutz – mit dem sie beispielsweise wieder in einen Wettbewerb integriert werden können – viel wichtiger ist als ein späteres ordentliches Verfahren.