Ein Treppenwitz im bezahlten Fussball

(causasportnews / red. / 14. April 2020) Nachdem der organisierte Sport derzeit sein flächendeckend-globales „Grounding“ erlebt, befasst er sich nun vor allem mit den Folgen der „Corona“-Krise, und gleichzeitig mit der Vergangenheit sowie mit der Zukunft. Das gilt insbesondere auch für die Führung des international bekannten Zürcher Grasshopper Clubs (GCZ), dessen Fussball-Sektion sich zu Recht und berechtigterweise „Rekordmeister“ im Fussball nennt. Seit vielen Jahren ist vom Glanz früherer Jahrzehnte allerdings nicht mehr viel übrig geblieben. Der Verein dümpelt derzeit, nach dem Abstieg aus der Super League in der vergangenen Saison, in der zweiten Stärkeklasse in der Schweiz herum. Der Niedergang von GCZ ging einher mit den wirtschaftlichen Umschichtungen in der Schweiz, als es die Globalisierung nicht mehr zuliess, dass Schweizer Top-Unternehmen den sog. „Nobel-Klub“ stützen konnten. In den erfolgreichen, „grossen“ Zeiten traf sich das Zürcher Wirtschafts-Establishment anlässlich von Fussballspielen im „Hardturm“-Stadion, das im Moment ebenfalls verlottert wie der GCZ selbst. Längst trägt der Klub seine Heimspiele an derselben Stätte aus wie der langjährige Stadtrivale FC Zürich: Im „Letzigrund“, welcher der Stadt Zürich gehört (zur wechselvollen Zürcher Stadiongeschichte vgl. dazu aktuell den Aufsatz von Robert Schönbächler in „Causa Sport“ 1/2020). Ebenso seit Jahren kratzt GCZ Geld zusammen, um noch einigermassen im Spitzenfussball in der Schweiz mitwirken zu können. Die Geldsuche von GCZ mutierte zur endlosen Geschichte der Peinlichkeiten. Hochstapler waren ebenso am Werk wie aufgeblasene Wichtigtuer aus dem Umfeld der Zürcher Wirtschaft, die in den (Neben-)Klubaktivitäten die Möglichkeit erblickten, wenigstens ab und zu in den Medien zu erscheinen. Die Professionalabteilung des Klubs gehörte bis vor wenigen Tagen zwei bejahrten, rührigen, aber absolut integren Personen aus der Wirtschaft, die selber einiges an privaten Geldern in den Verein einschossen. Schon längst wollten sie das immer schwerer werdende GCZ-Kreuz abschütteln. Und kurz vor Ostern wurde nun das, was für die verbliebenen Mäzene bisher als Traum galt, wahr. Die Chinesen haben übernommen! Ja, die Chinesen, deren Reputation im Moment nicht gerade als ausserordentlich positiv zu qualifizieren ist. Aber in der Not frisst der Teufel bekanntlich auch die berühmten Fliegen – oder es werden eben Chinesen (auch im organisierten Fussball und insbesondere in Europa) aktiv. Im „Fall Zürich“ haben sie den Klub, dessen Emblem zufälligerweise eine riesengrosse Heuschrecke ziert, fast gänzlich vereinnahmt. Seit dem vergangenen Wochenende heisst der Klub-Präsident Sky Sun, und die Klubbesitzerin ist eine Jenny Wang, deren Ehemann Milliardär sein soll und u.a. den englischen Klub Wolverhampton Wanderers besitzt. Weder die neue Klubeigentümerin noch der von ihr eingesetzte Präsident wurden bis anhin je im Umfeld des GCZ gesichtet.- Das alles mutet in der jetzigen „Corona“-Krise wie ein Treppenwitz an (ungeachtet des Umstandes, ob nun die Chinesen „schuld“ an der Verbreitung des Virus sind oder nicht), bedeutet aber für den Grasshopper Club eine nicht ganz unerwartete Entwicklung; für den früheren Akademiker-Klub waren Begriffe wie „Sensorium“ oder „Empathie“ im wahrsten Sinne der Worte auch Fremdwörter. Die Moral der Geschichte: Jenny Wang darf niemand böse sein, dass sie zugegriffen hat. Den Mäzenen auch nicht, dass sie die finanziellen Belastungen so los geworden sind. Das Schlagwort „Lob der Schuldigen und Tadel der Unschuldigen“ wäre aufgrund der gegebenen Konstellation tatsächlich unangebracht. Die Groteske in Zürich hat allerdings eine ernsthafte Tragweite. Im Herbst soll in der Stadt Zürich einmal mehr über eine neue Fussball-Arena auf dem Gelände des früheren Hardturm-Stadions des GCZ (!) abgestimmt werden. Wetten, dass der Deal des GCZ mit den Chinesen der Vorlage eher nicht förderlich sein wird? Auch wenn die Stadt Zürich seit Jahren mit der chinesischen Stadt Kunming partnerschaftlich verbunden ist; aber diese Städte-Kooperation ist schliesslich auch ein Relikt aus früheren, besseren (Wirtschafts-)Zeiten…

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