
Der Konflikt zwischen Palästina und Israel beschäftigt(e) immer wieder auch die FIFA.
(causasportnews / red. / 27. Oktober 2017) Der FIFA-Rat, das Strategie- und Aufsichtsorgan des Weltfussballverbandes, hat anlässlich seiner heutigen Sitzung in Kalkutta (Indien) unter anderem beschlossen, hinsichtlich der – höchst sensiblen – Situation des Fussballs im Westjordanland nicht zu intervenieren. Gleichzeitig beschloss der FIFA-Rat, sich mit diesem Thema nicht mehr zu befassen, solange sich die faktischen Gegebenheiten in der betroffenen Region nicht geändert haben. Damit will das FIFA-Gremium offensichtlich die Diskussionen zu diesem Thema, die in den vergangenen Jahren im Rahmen des Weltfussballverbandes zugenommen und einiges an Ressourcen gebunden haben, jedoch eher wenig fruchtbar verlaufen sind, eindämmen.
Zuletzt hatte der Palästinensische Fussballverband (Palestinian Football Association; PFA) im Vorfeld des 67. FIFA-Kongresses im Mai dieses Jahres in Bahrain einen Antrag eingereicht, der – einmal mehr – die israelischen Fussballklubs, die im Westjordanland (welches Palästina für sich beansprucht) angesiedelt sind, zum Gegenstand hatte. Die PFA hatte ihren Antrag damit begründet, dass die Aktivitäten der fraglichen Klubs gegen die FIFA-Statuten verstiessen, da sie ohne Erlaubnis der PFA auf palästinensischem Territorium stattfänden. Mit ihrem Antrag wollte die PFA letztlich erreichen, dass der FIFA-Rat Sanktionen gegen den Israelischen Fussballverband (Israel Football Association; IFA) prüfen und ggf. beantragen solle, weil dieser nichts gegen die behauptetermassen statutenwidrigen Zustände unternehme. Der FIFA-Kongress beschloss allerdings, nicht über den Antrag abzustimmen und dem FIFA-Rat Zeit zu geben, um die Gesamtproblematik spätestens anlässlich seiner Sitzung im Herbst 2017 zu behandeln (den entsprechenden Kongressbeschluss hat die PFA allerdings vor dem internationalen Sportschiedsgericht CAS angefochten; siehe Causa Sport News vom 15. Juni 2017. Das Verfahren ist derzeit noch hängig.). Das Thema hatte – in verschiedenen Variationen – den FIFA-Kongress bereits in der vier vorangegangenen Jahren beschäftigt; dies in der Regel jeweils auf Betreiben der PFA hin. Unter anderem hatte die PFA auch bereits die Suspendierung der IFA beantragt.
Die Situation betreffend das Westjordanland ist bereits auf politischer bzw. völkerrechtlicher Ebene äusserst komplex und sensibel. Nach mittlerweile 50 Jahren ist es nach wie vor nicht gelungen, auf zwischenstaatlicher bzw. gouvernementaler Ebene eine definitive Lösung der Differenzen zu erzielen. Israel übt nach wie vor über fast alle Teile der West Bank faktisch die volle Kontrolle aus, wird dabei jedoch überwiegend als Besatzungsmacht qualifiziert. Der FIFA-Rat hat nun von den einschlägigen Resolutionen, Gutachten und weiteren Dokumenten und Aktivitäten auf internationaler, gouvernementaler Ebene Kenntnis genommen, zu ihnen aber keine Stellung bezogen. Gleichzeitig stellte er fest, dass er die faktischen Umstände in der betroffenen Region nicht ändern, aber auch nicht ignorieren könne. Der FIFA-Rat betonte diesbezüglich, dass die FIFA verpflichtet sei, sich politisch neutral zu verhalten. Vielmehr habe die FIFA zuallererst die Interessen des Fussballs im Auge zu behalten; dies entsprechend der in den FIFA-Statuten festgelegten Ziele und Zwecke des Weltfussballverbandes. Dabei stellte sich der FIFA-Rat auf den Standpunkt, dass jegliche Eingriffe in den Fussball in den betroffenen Gebieten, die ohne Zustimmung aller involvierten Parteien erfolgten, in Anbetracht der dort vorherrschenden faktischen Zustände ein erhebliches Risiko der (weiteren) Verschlechterung der Situation des Fussballs zur Folge haben könnten; und dies auch über die betroffene Region hinaus. Das, so der FIFA-Rat, sei klar nicht im Interesse des Fussballs. Aus diesen Gründen entschloss sich der Rat, davon abzusehen, Sanktionen oder andere Massnahmen gegen die IFA oder die PFA zu ergreifen bzw. zu beantragen. Gleichzeitig beschloss der FIFA-Rat, die Angelegenheit für abgeschlossen zu erklären und keine weiteren Diskussionen dazu zu führen, solange sich die rechtlichen oder faktischen Rahmenbedingungen in der Region nicht geändert haben. Laut dem FIFA-Rat soll dies jedoch den Bemühungen der FIFA-Administration zur Verbesserung bestimmter Umstände – wie etwa die Behinderung der Freizügigkeit von Spielern, Offiziellen usw. in den fraglichen Gebieten – nicht entgegenstehen.
Ob der Beschluss des FIFA-Rates zum offensichtlich angestrebten Resultat führen wird, die etliche Ressourcen verschlingenden, aber wenig fruchtbaren Diskussionen innerhalb der FIFA über das Verhältnis zwischen Israel und Palästina (das bereits auf politischer bzw. intergouvernementaler Ebene bislang nicht definitiv geklärt werden konnte) einzudämmen, wird sich zeigen – die PFA hat offenbar bereits angekündigt, (auch) gegen diesen FIFA-Beschluss vorgehen zu wollen.