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Ein sport-ökologischer Super-GAU vor den Ski-Rennen am Matterhorn

causasportnews / Nr. 1073/10/2023, 26. Oktober 2023

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(causasportnews / red. / 26. Oktober 2023) Es waren schockierende Bilder von der Ski-Rennpisten-Präparation in Zermatt, welche national und international verbreitet wurden: Bagger machten sich am Theodolgletscher, genannt nach dem legendären Walliser Bischof, dem hl. Theodul, ziemlich unchristlich zu schaffen, um die Weltcuppiste, die von Zermatt ins italienische Cervinia führt, herzurichten. Das alleine wäre in Anbetracht der ökologisch aufgeladenen Atmosphäre, in der sich die Welt befindet, schon ein Sündenfall vor der Schöpfung. Bald wurde jedoch klar, dass alles noch viel schlimmer ist: Die Planierungsarbeiten auf dem Gletscher wurden teils ausserhalb der bewilligten Abfahrtsflächen ausgeführt. So sah es jedenfalls die Baukommission des Kantons Wallis, die umgehend nach Bekanntwerden des Vorgangs einen Baustopp verhängte. Sie sollte mit ihrer Einschätzung richtig liegen. Obwohl die Zermatter Verantwortlichen eher in Optimismus und in Schadensbegrenzung machten, ist es nun klar, dass die Arbeiten am Gletscher ausserhalb des bewilligten Streckengebietes erfolgten. Ein sport-ökologischer Super-GAU also vor den Rennen, zu denen am 11./12. November (Männer) und am 18./19. November (Frauen) vor der Kulisse des welt-berühmten Matterhorns gestartet werden soll.

Der Skisport auf Renn-Ebene steht seit geraumer Zeit im Clinch mit dem Zeitgeist. Gerade der global stattfindende Weltcup-Zirkus ist längst ins Fadenkreuz der Natur- und Klima-Schützer geraten. Sogar Top-Athletinnen und -Athleten bekunden teils Mühe, um die Umweltbelastungen ihres Sportes mitzutragen; sie sitzen allerdings in der ökologischen Nachhaltigkeitsfalle, da sie bei der Sportausübung den Nachhaltigkeitsvorgaben schlicht nicht gerecht werden können. Der Vorfall in Zermatt ist jedenfalls nicht dazu angetan, die ökologischen Bedenken bezüglich dieser Sportart zu zerstreuen. Wenn dann noch ausserhalb bewilligter Gebiete die Natur, hier die eh schrumpfende Gletscherwelt des Wallis, malträtiert wird, erträgt dies weder Spass noch kann Toleranz erwartet werden. Da nützt es auch nichts, wenn die Verantwortlichen vor Ort und der Streckenchef, der ehemalige Abfahrts-Olympiasieger Didier Défago, den Vorfall relativieren und rechtfertigen. Auch wenn die Uhren im Wallis bekanntlich durchwegs etwas anders ticken und gegenüber touristischen und sportlichen Aktivitäten seitens der Behörden und der Bevölkerung immer wieder eher nachsichtiges Agieren und Verhalten festzustellen ist, kann der (widerrechtlich) erfolgte Gletscher-Eingriff mit Baumaschinen nicht schöngeredet werden. Dies hat dennoch der OK-Chef der Zermatter Weltcuprennen versucht, der es übertrieben findet, dass an den drei auf dem Theodulgletscher eingesetzten Baggern ein Exempel statuiert wird, «während 3000 Menschen drei Wochen auf einem Kreuzfahrtschiff reisen und keiner etwas sagt.» (Sonntags-Zeitung, Zürich, 22. Oktober 2023). Dass solche Rechtfertigungsversuche eher schlecht aufgenommen werden und bekanntlich Empathie und Intelligenz nicht allen Interessenvertretern auch im Sport geschenkt ist, macht die Sache auch nicht besser. Für Zermatt und die Matterhorn-Gegend wird dieser Vorfall als «Super-GAU» nachhaltig wirken. Was dem Bekanntheitsgrad und der Bedeutung der Region sowie dem «Brand Matterhorn Zermatt» allerdings kaum schaden wird. In der schnelllebigen Zeit vergisst man schnell, wenn auch, wie hier, nicht immer restlos. Bis zur Austragung der Rennen der Männer und der Frauen im November wird der Frevel an der Natur zwar weiterhin im In- und Ausland für Gesprächsstoff sorgen, obwohl in diesem Jahr das wichtigste Problem am Ende des Mattertals gelöst ist: Im Abfahrtgebiet liegt bereits genug Schnee…

Der Sport in der „Öko-Falle“

© Petra Wessman

(causasportnews / red. / 22. Januar 2029) Dass der Sport von dem seit rund einem Jahr tobenden Öko-Sturm erfasst würde, war vorauszusehen. Er gehört weltweit nicht gerade zu den Segmenten, die keine ökologisch relevanten Negativ-Spuren hinterlassen: Der Sport und seine Exponenten touren um die Welt und gelten als markant umweltbelastend (vgl. dazu auch etwa Urs Scherrer, Schaffen wir den organisierten Sport ab!, in: Causa Sport 4/2019, 465 ff.). Nun stehen diesbezüglich eine Sport-Grossveranstaltung und ein Tennis-Star im Mittelpunkt des Interesses und der Kritik. Bereits im Vorfeld und danach während der Qualifikations-Wettkämpfe des „Australian Open“ in Melbourne geriet einer der bedeutendsten Tennis-Events in die Schlagzeilen. „Schuld“ an diesem Umstand waren die seit Wochen anhaltenden Buschbrände in Australien mit katastrophalen Ausmassen. Diese ökologische Apokalypse wird auf die Klimaerwärmung zurückgeführt, jedoch nur verhalten wurde verlangt, diesen Anlass im Katastrophengebiet abzusagen. Unter den im Land herrschenden Zuständen litten und leiden auch die besten Tennisspielerinnen und Tennisspieler der Welt am Turnier in Melbourne. Aber nichts da – die Veranstaltung wird „durchgeboxt“. Vor allem natürlich aus kommerziellen Gründen. Veranstalter und Spieler(innen) fragten sich deshalb nur, wie Schäden von den Akteurinnen und Akteuren abgewendet werden könnten. Ein Verzicht auf die Veranstaltung kam für die Involvierten nie in Frage – das Klima schützen sollen die andern; lediglich die Protagonisten sollen keine Schäden erleiden. Das wird auch am derzeit stattfindenden „WEF“ in Davos klar, zu dem Politiker und Wirtschaftsführer aus der ganzen Welt ins beschauliche Landwassertal gekarrt und geflogen wurden und werden und an dem von Politikern und Klimaaktivisten darüber diskutiert wird, wieviele Bäumchen zur Rettung des Planeten gepflanzt werden sollen; man war sich aber einig, dass die Welt, falls sie dann noch existiert, in 30 Jahren „klimaneutral“ sein solle. Ein realer Beitrag zur Umweltentlastung wäre ein Verzicht auf die geschwätzige, unnütze Veranstaltung in Davos gewesen. Davon sprach jedoch niemand; Verzicht ist nicht das „Ding“ auch von Politikern und Wirtschaftsführern. Verzichten sollen die andern.

Obwohl er der Klimadiskussion z.B. als Vielflieger und globalen Reisenden ausweichen wollte, hat es den weltbesten Tennisspieler nun doch erwischt; und zwar im Zusammenhang mit seinem Sponsor „Credit Suisse“ („CS“). Umweltaktivisten nehmen Roger Federer diese (für den Spieler lukrative) Partnerschaft übel, weil sich die Bank sich in ökologisch diskutablen Bereichen bewegt. Weil diesbezüglich ein Fass geöffnet wurde, hat sich der Basler Tennis-Held beim Aufkommen der ersten Kritiken sofort mit den Klimaschützern solidarisiert und Verständnis genuschelt. Dass es die Klimaaktivisten mit der Kritik an der „Credit Suisse“ jedoch ernst meinen, zeigte eine Besetzungsaktion einer „CS“-Filiale in Lausanne durch in Tenniskleider auftretenden Aktivisten. Der zuständige Strafrichter in Renens bei Lausanne hat die Besetzer vom Vorwurf deliktischen Handelns – es ging um Hausfriedensbruch – freigesprochen – ein „Notstand“ sei dies gewesen, begründete er sein Urteil und bewies damit, dass sich die Justiz eben auch in unserer aufgeklärten Zeit vor politische Karren spannen lässt. Roger Federer trifft das alles nach seiner Solidaritäts-Bezeugung den Klimaaktivisten gegenüber nicht gross, und selbstverständlich ist von Verzicht auf den Sponsoring-Betrag, den er jährlich erhält, keine Rede.

Der Sport und seine Protagonisten setzen sich zwar verbal für die Gesundung und Rettung des Klimas ein, doch Verzicht entspricht nicht ihrer Grundhaltung. Nehmen ist seliger als geben, und verzichten sollen gefälligst die andern. Auf den Öko-Zug springen nun Sportlerinnen und Sportler, welche etwa durch ihre Reiserei die Umwelt belasten, zuhauf auf. So etwas die Schweizer Ski-Fahrerin Wendy Holdener, die sich vor den Werbekarren einer Energiegesellschaft spannen lässt und in Inseraten fordert: „Gemeinsam umdenken, umschalten“. Mit „gemeinsam“ sind selbstverständlich „die andern“ gemeint. Weshalb denn konsequent sein (auch als in der Welt herumreisende Skifahrerin), wenn es auch sonst geht? Der Sport befindet sich bezüglich der „Öko-Diskussion“ in einer regelrechten Falle und kann sich aus diesem Würgegriff nicht mehr befreien. Er befindet sich mehr als nur im Spannungsfeld von Kommerz und Verzicht. Wetten, dass sich die von Umweltsünden malträtierte Welt letztlich nur durch Total-Verzicht retten lässt? So z.B. Verzicht auf den Mobilitäts-Wahnsinn am Boden und in der Luft (nicht nur auf Kreuzfahrten also), Verzicht auf den weltweiten, umweltschädigenden Online-Handel, usw. Aber wer will schon verzichten – das sollen gefälligst die andern…