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Vor 20 Jahren: «Red Bull» lanciert Fussball-Klubs als Marketing-Vehikel

causasportnews.com – 36/2025, 19. April 2025

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(causasportnews / red./ 19. April 2025) Dieser Tage sind es 20 Jahre her, seit sich im Professional-Fussball fast Revolutionäres ereignete. Anfangs April 2005 erreichte die österreichische und europäische Sportwelt eine Meldung, die es in sich hatte und den kommerziellen, organisierten Fussball grundlegend erschüttern sollte. Der in argen Finanznöten steckende «SV Austria Salzburg» teilte mit, dass sich der Getränkekonzern «Red Bull» aus Salzburg nun auch in der österreichischen Bundesliga, im Klub «SV Austria Salzburg», engagieren werde. «Wunderbar», dachten damals vor allem die eingefleischten «Fans» des sportlich und wirtschaftlich in Bedrängnis geratenen Vereins. Doch es war nicht alles nur eine «wunderbare Rettung». Der Einstieg des Getränkekonzerns bedeutete eine Radikalveränderung im fussballerischen Sport-Marketing. «Red Bull» wurde nicht nur Sponsor des Vereins, sondern es war der Beginn eines Total-Umbaus des Salzburger Traditions-Klubs. «SV Austria Salzburg» wurde zum integralen Marketing-Vehikel des Konzerns aus Fuschl am Seer, einem malerischen Weiler in der Nähe von Salzburg. Der Klub erlebte eine Neu-Organisation und -Konzeption. Der Traditions-Klub «SV Austria Salzburg» wurde zum sportlichen Brause-Event. Dabei war die Namensänderung noch der minimste Sargnagel beim Begräbnis des konventionellen Sponsorings im Spitzen-Fussball. Aus dem Verein «SV Austria Salzburg» wurde das Marketing-Tool «Red Bull Salzburg». Der «SV Austria Salzburg» wurde, ungeschminkt betrachtet, in den ersten Tagen des Monats April 2005 regelrecht zu Grabe getragen und verlor nicht nur seine Identität, beweinten bald einmal die eingefleischten Fans des Traditions-Vereins, nachdem ihnen klar wurde, was mit «ihrem» Verein geschah. Mit «Red Bull Salzburg» entstand ein neuer Klub, ein Marketingvehikel, wie es danach noch einige in Europa und rund um den Globus geben sollte. «Red Bull» wurde in diesem Segment mit unzähligen «Red Bull»-Klubs zur eigenen Fussball-Welt, in der Synergien in wirtschaftlicher und sportlicher Hinsicht geschaffen und gepflegt wurden. Dies etwa im Bereich der Fussball-Akteure, in dem heute innerhalb der «Red Bull»-Gruppe ein regelrechtes «Spieler-Karussell» am Laufen gehalten wird. Auch die wirtschaftlichen Synergien unter den Klubs nehmen gigantische Ausmasse an.

Was 2005 mit «SV Austria Salzburg» geschaffen und anderorts nachgeahmt wurde (etwa in Leipzig mit «RB Leipzig»,»RasenBallsport Leipzig e.V. -, «RB» steht zufälligerweise für «Red Bull»), stiess und stösst nicht überall auf Begeisterung. Ob Klubs im Fussball ihre «Seele» verlieren, wenn sie sich als «Red Bull»-Wirtschaftsmacht im Sport positionieren, ist eine Grundsatz-Frage, die ebensowenig schlüssig beantwortet werden kann wie die offenbar nebensächliche Frage, ob das Getränk «Red Bull» überhaupt schmeckt und die Gesundheit fördert. Man mag das Getränk «Red Bull» – oder man mag es nicht. Ob die «Red Bull»-Sportkonzeption goutiert wird, ist nochmals eine andere Frage. Einige Hardcore – Fans von «SV Austria Salzburg» konnten sich mit dem 2005 begonnen Umbau des Klubs, bei dem diesem Verein ihrer Meinung nach die sportliche Seele ausgehaucht wurde, nicht abfinden. Sie wandten sich vom «Brause-Klub» «Red Bull Salzburg» ab, gründeten den «SV Austria Salzburg» neu und nahmen den Wettspielbetrieb ganz unten in der Amateur-Liga auf. Aktuell stehen die «Red Bull»-Dissidenten aus Salzburg mit dem wieder auferstandenen Verein «SV Austria Salzburg» in der Regionalliga West an erster Stelle und peilen den Aufstieg in den professionellen Bundesliga-Betrieb an. Eigentlich, so die Fans, die mit Stolz erzählen, dass der Verein derzeit gegen 2000 eingeschriebene Mitglieder habe, sei der Klub nie untergegangen. Das Identifikationspotential mit dem Verein weise gigantische Züge auf.-

Fussball ist eben offenbar letztlich eine Herzensangelegenheit, im Rahmen von Sportkapitalgesellschaften werden Beteiligungspapiere z.B. als «Herz-Aktien» bezeichnet. Fussball ist vor allem nicht Dasselbe wie etwa der Formel 1-Rennsport, der insbesondere nur noch eine Marketing-Plattform abgibt. Die in der Formel 1 fahrenden «Red Bull»-Dosen auf vier Rädern sind dem hehren Sport derart entrückt, dass die Persönlichkeit des einzelnen Fahrers und das fahrerische Können nicht mehr viel zählen, die «Autos» im hoch-komplexen, automatisierten Ingenieurs-Wettbewerb somit auch von Schimpansen bewegt werden könnten, wie der frühere Rennstall-Eigentümer Peter Sauber einmal ausgeführt hat…

(Quellen: Verschiedene Medienberichte; zuletzt insbesondere «Sonntags-Zeitung» Zürich, 6. April 2025)

Muss es denn immer «Red Bull» sein?

causasportnews / Nr. 1102/01/2024, 21. Januar 2024

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(causasportnews / red. / 21. Januar 2024) Wie betitelte der am Neujahrstag 2009 in Luzern verstorbene Bestseller-Autor Johannes Mario Simmel einen seiner berühmtesten Romane? Klar: «Es muss nicht immer Kaviar sein». Wirklich nicht? So fragte sich das Publikum nach der Lektüre des 1960 erschienenen Erfolgsromans. Die Thematik steht bis heute unbehandelt im Raum; die Frage ist nach wie vor ungeklärt. Allerdings erfährt die Fragestellung heute in anderem Zusammenhang eine spezielle Aktualität. Zum Beispiel im alpinen Skisport. Da halten die Athletinnen und Athleten bei Interviews demonstrativ und aufdringlich vor allem Soft-Drinks in die TV-Kameras. Sie tun das gegen Geld («pecunia non olet») und suggerieren durchwegs, dass sie sich mit den den mittelbar Zuschauenden entgegengestreckten Produkten identifizieren. Es ist dies letztlich allerdings eine platte Schleichwerbung durch Produkteplatzierung.

Zum Beispiel «Red Bull». Überall wo es kracht, knallt und unbeschwerte Lifestyle-Fröhlichkeit zelebriert wird, ist der Österreichische Getränkekonzern dabei, am aktuellen Rennwochenende in Kitzbühel natürlich auch flächendeckend (vgl. die Abfahrt vom Samstag; «Red Bull» ist schliesslich ein Österreichisches Produkt). Vor allem sind die besten Sportlerinnen und Sportler Werbeträger des Getränks, das für Gesundheit, ewiges Leben, Glückseligkeit und aufbauenden Koffeingenuss steht. Wenn die Brause-Macher des verstorbenen Marketing-Genies Dietrich Mateschitz aus Fuschl am See mit offensichtlich unbeschränkten Werbegeldern locken, verleiht dies auch den stärksten Charakteren «Flügel» (Werbe-Slogan), die Garanten sind, um in andere, bessere Sphären zu entfliehen. So war und ist es auch beim Schweizer Ski-Überflieger Marco Odermatt, der durch ausserordentliche Leistungen die werbliche Basis dafür gelegt hat, dass ihm «Red Bull» nun zu geradezu goldenen Flügeln verhilft. Dass der 26jährige Innerschweizer mit dem Kopfsponsor «Red Bull» auftritt, wird ihm noch nachgesehen, aber dass er nun die aggressive Produkteplatzierung in den Zielgeländen mitmacht, kostet ihm zwar kaum Sympathien, aber Verständnis hierfür hat aber eigentlich auch kaum jemand. Denn die gekünstelt platzierte Dose bei den Interviews auf Mikrofonhöhe beginnt zu nerven. Die Medien murren deswegen, wenn auch zurückhaltend; schliesslich will niemand die eigenen, medialen Werbeeinnahmen durch «Red Bull» gefährden.

Grundsätzlich findet der Sport in einem Werbeumfeld statt, das heute niemanden mehr gross ärgert und emotional in den Abgrund reisst. Das war vor Jahrzehnten ganz anders. Als die Scientologen-Sekte einst in der Formel 1 werblich mit «Dianetik» in Erscheinung treten wollte, wurde das Ansinnen der Jünger von L. Ron Hubbard, welche die religiöse Herrschaft über die Welt anstreben wollten, gleich im Keime erstickt. Das half auch Tom Cruise («Top Gun») nicht weiter. Noch dramatischer war es, als Beate Uhse (gestorben 2001) der Menschheit die Lust an der Liebe und am Sex auf sportlichen Werbeplattformen näher zu bringen gewillt war. Diese Disziplinen hatten mit Sport schliesslich nichts – oder wenig – zu tun; vor allem nicht in der Öffentlichkeit, und schon gar nicht in der Werbung.

Was sagen letztlich die Rechtsgelehrten zur neusten Produkteplatzierungs-Kampagne insbesondere von «Red Bull» in den Zielräumen im alpinen Skisport? Die ARD-Juristen halten solches Tun schlicht für unzulässig. Toleranter geben sich die Schweizer und Österreicher. Nicht von ungefähr. Deutschland repräsentiert insbesondere ein Volk der Dichter, Denker, Biathleten sowie Dart- und Handball-Spieler. Mit den Alpin-Skinationen Schweiz und Österreich («Red Bull»-Land) kann sich Deutschland in der Tat nicht messen. Deshalb ist die Einschätzung der Staatssender ARD und ZDF zu dieser Form von Schleichwerbung durch Produkteplatzierung nachvollziehbar. Und wie begründen Schweizer Juristen diesen Genie-Streich aus den modernen Werbe-Küchen? Es würden die Athletinnen und Athleten so abgebildet, wie sie vor die Kameras treten – mit oder ohne «Red-Bull»-Büchsen. Nichts anderes. Jedermann darf sich also auch seine juristische Wahrheit nach seinem Gusto zurechtzimmern. Konklusion: Es muss ja auch nicht immer «Red Bull» sein, vor allem nicht im alpinen Skisport. «Flügel» brauchen vor allem die Skispringer, die aber sportlich eher «unter ferner liefen» ihren Sport ausüben. Von den in Deutschland hochgejubelten «Bundesadlern» gibt es auch immer weniger. Ihre Flügel bleiben seit Jahren lahm. Eine Besserung wäre nicht einmal aus Österreich durch das Klamauk-Getränk «Red Bull» zu erwarten.

Vom Wert von Sanktionen im Sport

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(causasportnews / red. / 31. Oktober 2022) Nur wenige Tage nach dem Tod des Österreichischen Milliardärs, Unternehmers und «Red Bull»-Eigners Dietrich Mateschitz (vgl. auch causasportnews vom 23. Oktober 2022) gab es gute Nachrichten für das Team des Verstorbenen, «Red Bull Racing»: Wegen Verstössen gegen die Budgetobergrenzen im Jahr 2021, als Max Verstappen souverän den Fahrer-Weltmeistertitel in der Formel 1 im «Red Bull» holte, wurde das Team von der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) in Paris mit sieben Millionen US-Dollar gebüsst. Sieben Millionen sind natürlich auch in diesem Sport, in dem gesamthaft pro Saison Milliarden umgesetzt werden, nicht nichts. Aber «Red Bull» dürfte diese Busse mit einem Augenzwinkern aus der Portokasse bezahlen. Bis zur FIA-Entscheidung war man sich bei «Red Bull» noch nicht ganz sicher, dass der Titel im letzten Jahr auf sicher sei. Die Sanktion hätte auch massiver ausfallen und das sportliche Ergebnis des letzten Jahres tangieren können. Allerdings war es realistischerweise unvorstellbar, dass das sportliche Resultat durch eine Sanktion wegen Missachtung der Budgetobergrenze noch umgestossen würde. Immerhin holte Max Verstappen im Auto dieses Teams erstmals den WM-Titel; den Triumph wiederholt er in dieser Saison und brillierte soeben im Rennen vom Wochenende in Mexiko mit dem 14. Laufsieg (!) in dieser Saison. Doch nun ist alles paletti. Die FIA erkannte, dass der Dietrich Mateschitz’ Rennstall die Budget-Obergrenze von erlaubten 148,6 Millionen nicht einmal um 5% überschritten habe, nämlich um 2,15 Millionen. Ein solches Vergehen wird als «geringfügig» qualifiziert. Die ausgefällte Sanktion durfte demnach als durchaus angemessen gewertet werden. Neben der Busse von sieben Millionen wird «Red Bull Racing» im Sinnen einer Zusatzsanktion mit zehn Prozent weniger aerodynamischen Entwicklungsressourcen auskommen müssen. Auch das dürfte für das auch heuer überlegene Renn-Team verschmerzbar sein, auch wenn die Aerodynamik die Grundlage für sportliche Erfolge in der Königsklasse des Automobilrennsports bildet. Diese den Sport tangierende Strafe dürfte grundsätzlich eher schmerzen als die auferlegte Millionen-Busse. Die FIA-Entscheidung hat (vor allem bei der «Red Bull»-Konkurrenz) die Diskussionen um den Wert von (Geld-)Sanktionen mit Blick auf deren Art und Ausfällung befeuert und auch Kritiken ausgelöst. Vor allem im Milliardengeschäft Formel 1 dürfte die Devise lauten: «Was mit Geld zu regeln ist, tangiert den Sport nicht und ist mit Geld zu regeln». Und ebenso gilt zweifelsfrei auch der immer wieder bemühte Rechtsgrundsatz: «Geld hat man zu haben». Das trifft für die Formel 1 zweifelsfrei zu. Wohl auch für das natürlich nicht so begüterte Team Aston Martin: Wegen des gleichen Vergehens wurde der Rennstall von Sebastian Vettel ebenfalls gebüsst.