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Die Angst des Fussballers vor der Öde des Alltags

causasportnews / Nr. 1132/04/2024, 18. April 2024

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(causasportnews / red. / 18. April 2024) Fussballspieler werden nicht nur während ihren sportlichen Aktivitäten auch von vielerlei Ängsten geplagt. So beschrieb der Schriftsteller Peter Handke einst die «Angst des Torwarts beim Elfmeter», ein grosses, literarisches Werk, das des Pudels Kern nicht traf. Beim Elfmeter ist der Schütze des Elfmeters phobisch belastet, nicht jedoch der Torhüter, der beim Elfmeter-Schiessen nur gewinnen kann. Niemand erwartet, dass er den getretenen Elfmeter hält.

Selbstverständlich sind im Sport und bei sportlicher Betätigung Angstphasen allgegenwärtig. Die Problematik ergibt sich allerdings oft ausserhalb der Wettkampfstätten. Vor allem gut-betuchte Fussballspieler, teils immer noch «Millionäre in kurzen Hosen» genannt, haben oft ihre lieben Mühen mit dem Privatleben, mit der zeitlich überdimensionierten Freizeit oder mit dem Kampf gegen die Langweile. Sich ausserhalb der Sportplätze zurecht zu finden, scheint jedenfalls nicht einfach zu sein. Die Lage ähnelt den Umständen, mit denen sich Sportlerinnen und Sportler nach der Beendigung ihrer Karrieren auseinanderzusetzen haben. Die Angst des Sportlers vor dem Leben nach Beendigung der aktiven Laufbahn ist noch schwieriger als der Umgang mit der exzessiven Freizeit während der Aktivzeit.

Zum Beispiel Breel Embolo. Der 27jährige Kader-Spieler des Vereins AS Monaco und der Schweizer Nationalmannschaft mit einem Marktwert von 12 Millionen Euro, der nach einen Kreuzbandriss ein Comeback anstrebt, ist in einen Vorgang verwickelt, in dem es um den Kauf von gefälschten Covid-Zertifikaten geht. Vor dem Basler Strafgericht wird sich im Mai der Anführer einer Motorrad-Gang zu verantworten haben. Ihm wird der Verkauf gefälschter Covid-Zertifikate vorgeworfen. In diesem Zusammenhang erscheint der Name Breel Embolo, der strafrechtliche Sanktionen riskiert. Aktenkundig ist der begnadete Fussballspieler bereits in anderem Zusammenhang, so, als er sich 2021 nach der Teilnahme an einer illegalen Party vor der Polizei in einer Badewanne versteckte. Sein damaliger Arbeitgeber, Borussia Mönchengladbach, büsste den Schweizer mit 200 000 Euro. Im vergangenen Jahr wurde Breel Embolo in anderem Zusammenhang vom Basler Strafgericht wegen mehrfacher Drohung nach einem nächtlichen Streit zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt.

Oder Jérôme Boateng, der 35jährige Innenverteidiger von US Salernitana, der seine ganz grosse Zeit beim FC Bayern München erlebte. Die langjährige Beziehung des Fussballspielers zu einem Top-Model soll von Gewalt durchsetzt gewesen sein. In geradezu toxischer Art wurden von den Beteiligten Vorwürfe an die Adresse der Gegenseite erhoben, vor allem über die Medien. Model und Fussballer – das ist eine medial hervorragende Konstellation. Ob diese und die permanenten Auseinandersetzungen des Fussballspielers mit der Frau Ursache für den Freitod des Models vor drei Jahren waren, ist unklar. Die Affäre beschäftigt im Moment unter anderem die Justiz; und selbstverständlich (wiederum) intensiv die Medien. Im Raum steht das Delikt der vorsätzlichen Körperverletzung. Jérôme Boateng bestreitet generell irgendeine Gewalteinwirkung zum Nachteil seiner ehemaligen Partnerin. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. Losgesagt von seinem Bruder hat sich zwischenzeitlich Kevin-Prince Boateng, der zuletzt für Hertha BSC Berlin spielte. Ihm ist das ganze Thema um Jérôme Boateng offensichtlich zuviel geworden. Öffentlich distanziert von ihrem im Gewalt-Fokus stehenden Sohn hat sich zwischenzeitlich die Mutter von Jérôme Boateng.

Als Konklusion drängt sich offensichtlich und grundsätzlich der Schluss auf, dass die Angst des Sportlers (und der Sportlerin) bezüglich des Lebens nach dem Sport wohl grösser ist als die Angst des Torhüters und vor allem des Elfmeterschützen beim Fussball-Penalty. Je länger eine sportliche Aktiv-Karriere zurückliegt, desto öder kann sich der Alltag präsentieren – als Nährboden für Exzesse aller Art.

Früher war mehr Respekt: Sportler als Vorbilder – in Theorie und in der Praxis

causasportnews / Nr. 1030/06/2023, 26. Juni 2023

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(causasportnews / red. / 26. Juni 2023) Ist von der aktuellen «Causa Breel Embolo» die Rede, wird auch alles das, was früher besser war, bemüht. Wie fühlte sich zum Beispiel Weihnachten an bei Hoppenstedts vor 45 Jahren? Opa Hoppenstedt (Loriot, Vico von Bülow) bemängelte den mager geschmückten Weihnachtsbaum; eben: «Früher war mehr Lametta». Früher war vieles anders und natürlich alles viel besser. So auch bei den Sportlerinnen und Sportlern, die Kinder jener Zeit waren und sind, in der sie leb(t)en. Ein Fussballspieler war auf dem Spielfeld meistens ebenso diszipliniert, wie ausserhalb des Fussballplatzes. Im Spiel sorgte der Schiedsrichter, ein Richter mit entsprechender Kompetenz und Autorität, für regelkonformes Spiel und dafür, dass sich die Spieler auch respektvoll gegenüber allen Protagonisten des Spiels verhielten. Das hat sich weitgehend geändert; heute hat, zumindest im Fussballsport auf höchster Ebene, der Einzel-Schiedsrichter ausgedient. Eine Gruppe, ein Schiedsrichter-Team, ist notwendig, um Korrektheit im Spiel zu garantieren; und um Unsportliches zu korrigieren. Das moderne Erziehungsmittel des Fussballs heisst «VAR» (Video Assistent Referee). Die Mannen werden bis zum heutigen Tag also «Schiedsrichter» genannt. Der Respekt seitens der Sportler dem Schiedsrichter gegenüber ist erstaunlicherweise immer noch ein einigermassen hehres Gut.

In der heutigen Zeit und gleichsam im Zeitalter einer neuen Medien- und Kommunikationskultur sind die Sportlerinnen und Sportler auch Personen des öffentlichen Interesses. Sie sind «gläsern» geworden. Was etwa ein Fussballspieler ausserhalb des Stadions so alles anstellt, wird oft einer breiten Öffentlichkeit zugetragen. Zum Teil haftet den Sportlern auch noch das gängige Klischee an, sie seien Vorbilder. Ein aktuelles Themen-Beispiel liefert aktuell der Schweizer Fussball-Nationalspieler Breel Embolo, Klubspieler bei AS Monaco und Stammakteur der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft. In sportlicher Hinsicht ist der 26jährige Modell-Athlet ein sportlicher Überflieger. Und sonst?

Vor rund fünf Jahren soll der Spieler im Basler Nachtleben regelrecht gewütet haben; bereits früher sorgte der nicht mehr ganz junge Breel Embolo für Negativ-Schlagzeilen ausserhalb des Fussballplatzes. Beleidigungen, teils primitive Beschimpfungen, Drohungen und polysportive Aktivitäten, wie Faustschläge, soll sich der Stürmer erlaubt haben. Dafür ist er nun vom Basler Strafgericht wegen mehrfacher Drohung erstinstanzlich verurteilt worden. Offenbar trotz der klaren Faktenlage zeigt sich der Fussballspieler, der im Ausgang zum normal sterblichen Menschen mit allen Schwächen und Stärken mutierte und den Vorbildcharakter zumindest ausblendete, auch vor Gericht kampfeslustig und will in die Berufung gehen – Demut sieht anders aus; das Urteil ist also noch nicht rechtskräftig, und für den Spieler gilt die Unschuldsvermutung. Das hinderte den erstinstanzlich verurteilten Spieler nicht, alle und alles rundherum regelrecht zu beschimpfen. Über Instagram vermeldete er, dass nur Gott über ihn richten könne. Alle andern, ausser Gott natürlich, seien eh Arschlöcher.

Dass der begnadete Spieler nicht zu seinen Fehlern steht, ist eine Sache, und selbstverständlich hat er das Recht, das erstinstanzliche Urteil von einer weiteren kantonalen Instanz und allenfalls auch vom Schweizerischen Bundesgericht überprüfen zu lassen.

Am ersten Prozesstag erschien Breel Embolo offenbar lässig und überheblich vor Gericht; diesen Schluss lassen auch die Bilder aus Basel ziehen. Sein Aufzug liess jeden Respekt gegenüber dem Gericht vermissen. Vor Schranken fiel er der Richterin schon einmal ungebührlich ins Wort. Zwar spielt der Fussballstar für die Schweiz, deren Repräsentanten der dritten Staatsgewalt er aber offensichtlich ziemlich geringschätzt. Aber Spiel und Spass im Leben eines Fussballstars sind eben zwei verschiedene Ebenen. Klar, dass der Prozess am Rheinknie ein gewaltiges Medienecho bewirkte, was dazu führte, dass der Monaco-Spieler dem zweiten Prozesstag und der Urteilsverkündigung fernblieb. Diesem «Spiessrutenlauf» habe sich Breel Embolo nicht weiter aussetzen wollen, erklärte dessen Verteidiger und sprach von «Persönlichkeitsverletzung» gegenüber seinem Mandanten. Auf diese krude Art und Weise verliert ein Anwalt zumindest den eigenen Mandanten nicht.

Womit zu beurteilen wäre, ob Sportler auch ausserhalb des Sportfeldes noch zu Vorbildern taugen. Wohl eher nicht. Das müssen sie in der heutigen Zeit auch nicht sein. Vorbildfunktion von Sportlern ausserhalb des Sportes, das war einmal. Früher war eben doch mehr Respekt.

Ein Verhalten eines Top-Sportlers ist dennoch problematisch. Nationalmannschafts-Spieler müssten doch zumindest ein wenig Vorbilder sein und sich respektvoll geben, insbesondere gegenüber dem Land, für das sie im Sport antreten. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) wird dem Monaco-Professional nun wohl trotz aller Nachsicht die «gelbe Karte» zeigen müssen. Für die Schweiz zu spielen, auch wenn man sich gegenüber den Staatsgewalten dieses Landes derart respektlos verhält, geht nicht einfach so. Dass Nationalmannschafts-Spieler jeweils das Mitsingen der Nationalhymne verweigern, mag noch angehen; was «national» ist, mutet eh verdächtig an. Aber derart respektloses Verhalten dem Land gegenüber, für das ein Sportler aufläuft, geht gar nicht. Früher war mehr Respekt nicht immer nur negativ.