
(causasportnews / red. / 18. März 2021) Es sind gerade einmal zehn Tage vergangen, seit die Stimmenden der Schweiz (dazu gehören, das Ausland glaubt es kaum, auch die Schweizerinnen) im Rahmen einer Volksabstimmung dafür votiert haben, dass es künftig verboten sein soll, das Gesicht in der Öffentlichkeit zu verhüllen. Die Abstimmung ging denkbar knapp aus: Etwas mehr als 51% der Stimmenden votierten für das «Verhüllungsverbot», knapp 49% sprachen sich dagegen aus. Obwohl das Verbot auch etwa vermummt auftretende «Hooligans» betrifft, wurde die Debatte vor der Abstimmung entsprechend politisch aufgeladen, auch von den Initianten. Die Vorlage eines der rechten Schweizerischen Volkspartei (SVP) nahestehenden Komitees wurde letztlich zur Glaubensfrage emporstilisiert, bei der einzig die Thematik die Diskussionen beherrschte, wer nun islamfeindlich und wer -freundlich sei. Solche Vorlagen erzeugen in den letzten Jahren gewaltigen Pulverdampf. Sie polarisieren entsprechend und zeigen, dass es bei Grundsatzfragen in der Schweiz zwei Lager gibt, die sich in zentralen Fragen unversöhnlich gegenüberstehen. Oder für sich in Anspruch nehmen, sich auf der moralisch «richtigen» Seite zu befinden, was letztlich dazu berechtigt, missbeliebige Volksentscheide nicht nur nicht mehr mitzutragen, sondern (weiter) zu bekämpfen. Dieses Faktum manifestiert sich bei kernigen Abstimmungsvorlagen, die vom Volk hauchdünn gutgeheissen oder ebenso knapp verworfen werden – je nachdem, aus welcher Ecke sie kommen. Es ist dies vor allem auch ein zwischenzeitlich geradezu zur Norm gewordenes Zeichen, dass, nüchtern betrachtet, vom ursprünglichen Demokratie-Gedanken in der Schweiz nicht mehr viel übrig geblieben ist. Vielmehr sogar grundsätzlich, dass eine Demokratie zur Farce wird, wenn in entscheidenden oder brisanten Sachfragen keine soliden Mehrheiten auszumachen sind. Bei knappen Abstimmungsausgängen erweisen sich die Unterlegenen, vor allem, wenn das linke Lager betroffen ist, als eher schlechte Verlierer. Nach der Abstimmung zum «Verhüllungsverbot» kündigten islamfreundliche Kreise an, die zu schaffende, gesetzliche Regelung vor internationale Gerichte bringen zu wollen. Die Ja-Sager/innen wurden teils regelrecht beschimpft. Echte Demokratie manifestiert sich wohl anders. Hinzukommt, dass der Föderalismus längst ein «Auslaufmodell» darstellt; er funktioniert schlicht nicht mehr. Heute dominieren Polarisierungen verschiedenster Ausprägung das zentral regierte Leben in der Schweiz. Typisch ist es deshalb, dass nach dem angenommenen «Verhüllungsverbot» nur die Rede ist von den wenigen, betroffenen Nikabträgerinnen in der Schweiz, nicht aber etwa von den «Hooligan»-Horden im Umfeld von Mannschaftssportarten, welche für den organisierten Sport ein reales Bedrohungsbild abgeben. Oder von den Wahnsinnigen, welche die Demonstrationen jeweils am 1. Mai zu Saubannerzügen werden lassen. Nach der denkbar knapp ausgegangenen Abstimmung vor zehn Tagen hat sich der in heissen Diskussionen und gehässigen Nachbearbeitungen erzeugte Pulverdampf zwar wieder etwas verzogen – vor allem wegen des Dauerbrenners «Corona», doch nun steht erst einmal die Umsetzung des beschlossenen Verbotes an. Hierzu hat die zuständige Justizministerin (bezeichnenderweise eine Liberale ohne juristischen Background) schon einmal dergestalt politisch unglücklich vorgelegt, dass die Kantone das vom Volk beschlossene «Verhüllungsverbot» umsetzen müssten, wie sie sagte. Bezüglich der in der Regel vermummt auftretenden und wütenden «Hooligans» bestehen in teils Kantonen bereits seit geraumer Zeit Verhüllungsverbots-Bestimmungen, die jedoch meist eher schlecht als recht greifen. Das gilt auch bezüglich der Vandalen am 1. Mai. Nun wird das Eidgenössische Parlament für die ganze Schweiz ein entsprechendes Gesetz zur Umsetzung der Initiative schaffen müssen. Das bedeutet wohl, dass die Abstimmungs-Verlierer/innen das Verbot auf diesem Wege nochmals torpedieren werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses zeitnah in einem Gesetz einen Niederschlag finden wird, dürfte relativ gering sein. Das ist aktuelle Demokratie in der modernen Zeit: Verdikte des Volkes bekämpfen, solange es geht. Vor allem dann, wenn es um polarisierende Glaubensfragen geht und (vermeintlich) nicht auch um den organisierten Sport gefährdende «Hooligans», die zwar im Moment keine Gefahr bilden, da sie durch «Corona» eingebremst werden.