EM-Zuschlag an Deutschland: Wenn der Hund die Wurst bewacht…

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Wären aufgrund der Musterung als „Wachhunde“ im Fussball geradezu prädestiniert: Dalmatiner

(causasportnews / red. / 30. September 2018) Der Zuschlag der Fussball-Europameisterschaftsendrunde 2024 an den Deutschen Fussball-Bund (DFB) hat in Deutschland Genugtuung ausgelöst; Euphorie darüber war nirgends festzustellen. Das Land übt sich nach dem WM-Debakel in Russland vor drei Monaten in Demut – und ist sich der Brisanz des Veregabeentscheids des europäischen Fussball-Kontinentalverbandes UEFA bewusst. Der sportpolitische Vergabe-Gegner Türkei ist nicht „ohne“, was der Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland just am Tage der EM-Vergabe-Entscheidung und danach gezeigt hat; dieser sieht Deutschland ohnehin als eine Art Exklave der Türkei. Auch wenn es die (Sport-) Diplomaten nicht offen auszusprechen wagten, ist es evident: Die EM-Endrunde 2024 in der Türkei hat sich kaum jemand wirklich gewünscht. Oder, wie es ein Mann von der Strasse formulierte: „Es hat doch niemand Bock auf eine EM in der Türkei“. Somit war es gut, dass der Vergabeentscheid am Donnerstag in Nyon geheim erfolgte – so geheim, dass (unglücklicher- und übrigens auch unzulässigerweise) nur das Beschlussfassungsresultat publik wurde. Lediglich vier der abstimmenden Exekutivkomitee-Mitglieder votierten für den türkischen Verband (vgl. auch causasportnews vom 27. September 2018).

Was beim Weltfussballverband (FIFA) als Positivum gewertet wird (nämlich dass die WM-Endrunde zwecks Minimierung von Unregelmässigkeiten neuerdings vom Kongress vergeben wird, so wie im Juni – an die USA, an Kanada und an Mexiko in Bezug auf die WM 2026 – geschehen), wäre bei der EM-Vergabe am Donnerstag im Rahmen der UEFA wohl zur sport-politischen Katastrophe geworden. Eine offene Beschlussfassung oder eine solche durch die UEFA-Generalversammlung hätte wohl kaum dieses eindeutige, zweifelsfrei „ehrliche“ Resultat gezeitigt – bei einer offenen Beschlussfassung im Exekutivkomitee hätten sich höchstwahrscheinlich weit mehr Mitglieder (als nur eines) der Stimme enthalten. Unter diesen Umständen war es geradezu grotesk, dass der DFB für den eigenen Kandidaturprozess die mundiale Argus-Organisation „Transparency International“ ins Boot geholt hat – wohl eher als Feigenblatt für die eigene Bewerbung denn effektiv dafür, dass der Vergabeprozess aus der Sicht des DFB ethisch einwandfrei verlief. An sich hätte vielmehr die UEFA die selbsternannten Gralshüter(innen) von Recht und Moral ins Boot holen müssen – doch dann wäre zu offenkundig geworden, dass der sprichwörtliche „Hund die Wurst bewacht“…

Wie dem auch sei: Deutschland fiebert nach der WM-Endrunde 2006 einem neuen „Sommermärchen“ entgegen, diesmal ohne die Befürchtung, das Märchen könne a posteriori nur beinhalten, dass der Glaube vorherrsche, es sei bei der Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen. Mit „Kaiser Franz“ wollte nun niemand mehr ein Risiko eingehen. Der neue Heilsbringer in Deutschland heisst Philipp Lahm, ein begnadeter Fussballspieler, der die Tugenden der Deutschen ideal verkörpert: Korrekt, arbeits- und sparsam, erfolgreich und unaufgeregt. Die UEFA darf sich glücklich schätzen, dass sich mit dem Zuschlag der EM-Endrunde an Deutschland vor allem die finanzielle Seite des Projektes rechnen wird.

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