Tödlicher Unfall an Amateurradrennen: Freispruch in zweiter Instanz

(causasportnews / rbr. / 23. November 2017) Der Unfall an einem Amateurradrennen im Jahr 2014 hat (vorerst) keine strafrechtlichen Konsequenzen. Das Aargauer Strafgericht (eine Abteilung des Obergerichts des Kantons Aargau) hat mit Urteil vom 20. November 2017 einen Teilnehmer des Rennens von den Vorwürfen der fahrlässigen Tötung und der mehrfachen fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen.

Am 14. Juni 2014 ereignete sich anlässlich der „Radsporttage Gippingen“ (Kanton Aargau/Schweiz) ein schwerer Unfall. Ein teilnehmender Radrennfahrer touchierte bei einem Überholmanöver während einer Abfahrt den von ihm überholten Fahrer, worauf dieser und drei nach ihm folgende Fahrer stürzten. Einer der gestürzten Fahrer kollidierte mit einem Baum und verletzte sich dabei so schwer, dass er noch gleichentags verstarb. Die anderen drei Fahrer wurden teils schwer verletzt. Die Untersuchung ergab, dass der überholende Fahrer mit rund 70 km/h unterwegs gewesen war und mit einem seitlichen Abstand von maximal 30 cm überholt hatte.

Die Staatsanwaltschaft Brugg-Zurzach erhob gegen den Unfallverursacher Anklage wegen fahrlässiger Tötung gemäss Art. 117 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) und mehrfacher fahrlässiger Körperverletzung (Art. 125 StGB). Das Bezirksgericht Zurzach schloss sich dieser Auffassung an und verurteilte den Beschuldigten im November 2016 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und einer Busse von zweitausend Franken. Dagegen erhob dieser Berufung an das Strafgericht (Art. 398 ff. der Schweizerischen Strafprozessordnung, StPO). An beiden Verfahren beteiligten sich zudem die verletzten Unfallbeteiligten als sog. Privatkläger (Art. 118 StPO); sie verlangten vor der zweiten Instanz, wie die Staatsanwaltschaft, die Bestätigung des bezirksgerichtlichen Schuldspruchs.

Das Strafgericht hob nun die Verurteilung des Unfallverursachers auf und sprach ihn in sämtlichen Anklagepunkten frei. Um sich der fahrlässigen Tötung oder Körperverletzung schuldig zu machen, muss der Täter „pflichtwidrig unvorsichtig“ handeln (Art. 12 Abs. 3 StGB), mit anderen Worten eine Sorgfaltspflichtverletzung begehen. Das Strafgericht äusserte sich in dem Sinne, dass keine solche Sorgfaltspflichtverletzung vorliege. Wer an einem Radrennen teilnehme, so die Richter, setze sich einem gewissen Risiko aus. Mit diesem Ausgang des Rennens habe nicht gerechnet werden können. Zwar war für das Gericht erstellt, dass der Beschuldigte den vor ihm fahrenden Rennteilnehmer während des Überholmanövers berührt hatte. Es sei aber nur von einer leichten Berührung auszugehen, da der Beschuldigte andernfalls wohl selber ebenfalls gestürzt wäre. Hinweise auf einen Materialfehler am Rad des tödlich verunfallten Fahrers, der den Unfall verursacht haben könnte, machte das Gericht entgegen den Ausführungen der Verteidigung jedoch nicht aus.

Die schriftliche Begründung des Urteils liegt noch nicht vor, soll den Parteien aber voraussichtlich noch in diesem Jahr zugestellt werden. Gegen das begründete Urteil steht sodann die Beschwerde in Strafsachen an das Schweizerische Bundesgericht offen (Art. 78 ff. des Bundesgerichtsgesetzes, BGG). Das Urteil des Strafgerichts ist also noch nicht rechtskräftig.

Mehr zu diesem Urteil in der Ausgabe 1/2018 von Causa Sport.

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