
Ausriss aus der „Bild“-Zeitung vom 27. Juni 2017. Die hier angekündigte „Serie“ beschränkte sich in der Folge auf zwei Ausgaben…
(causasportnews / red. / 30. Juni 2017) Es ist allgemein bekannt: Geht es in Richtung Weihnachten, wird die Stimmung emotional immer intensiver aufgeheizt, um sie dann am 24. Dezember unter dem Christbaum im Kreise der Geliebten gegen den Gefrierpunkt sinken zu lassen. So verhält es sich auch mit dem „Garcia-Bericht“, der vor mehr als zwei Jahren vom damaligen Vorsitzenden der untersuchenden Kammer der Ethikkommission des Weltfussballverbandes (FIFA), Michael J. Garcia, und seinem Stellvertreter, Cornel Borbély, verfasst und dann aber von der FIFA bis zum Beginn dieser Woche unter Verschluss gehalten worden war. Die Erwartungen an den Bericht, der überwiegend die Vergaben der WM-Endrunden 2018 (Russland) und 20122 (Katar) zum Gegenstand hat, wurden seit dessen Abschluss kontinuierlich hochgeschraubt. Die FIFA sah sich aus juristischen Gründen veranlasst, den Bericht nicht zu veröffentlichen. Das hat ihr dennoch viel Kritik eingebracht; die Veröffentlichung wurde seit mehr als zwei Jahren von der Weltpresse vehement gefordert. Die Karten wurden nun am letzten Dienstag neu gemischt, als die deutsche „Bild“-Zeitung vermeldete, in den Besitz des Berichtes gelangt zu sein und nun in einer „neuen Serie“ die „Bombe“ zum Platzen bringen würde – häppchenweise selbstverständlich, um das Publikums- bzw. Kaufinteresse am Blatt mit den grossen Buchstaben und den stets exklusiven Sensationsgeschichten bei Laune zu halten (vgl. auch Causa Sport News vom 28. Juni 2017). Neue Lage – neue Lagebeurteilung, wird sich die FIFA gesagt haben und stellte auf Grund der geänderten Verhältnisse den ganzen Bericht postewendend ungeschminkt und integral ins Netz – der Verband wollte es nicht einer Zeitung überlassen darüber zu befinden, wie und welche Informationen – mit entsprechenden Kommentierungen selbstverständlich – dem Publikum zugänglich gemacht werden sollten. Zwar titelte die „Bild“-Zeitung am nächsten Tag noch auf der Frontseite: „Bild zwingt FIFA in die Knie“ (28. Juni), doch mit der Ankündigung der „neuen Serie“ hat sie sich selber ins Bein geschossen. Am Donnerstag (29. Juni) kamen dann noch Lothar Matthäus und andere „Experten“ zu Wort, doch die „Serie“, welche die Leserschaft in den nächsten Tagen fesseln sollte, war längst gestorben – jedermann konnte den Bericht über die FIFA-Homepage einsehen. Die mediale Beerdigung des Themas in der deutschen Boulevardzeitung fand heute statt: „Bild“ hat die „neue Serie“ stillschweigend und offensichtlich begraben. Frust statt Leselust im Medienbusiness und Ernüchterung pur insbesondere in der Redaktion des Blattes in Berlin – eine Stimmung wohl wie an Weihnachten, wenn Hoffnungen und hochgetriebene Erwartungen unter dem Weihnachtsbaum wie Seifenblasen platzen.
Nun ist er also integral veröffentlicht – der „Garcia-Bericht“, von dem sich die Welt den Super-GAU für den Weltfussball versprach und wohl zumindest insgeheim erhoffte. Stattdessen gibt der Inhalt des Berichtes ein „Sittengemälde“ ab, wie es während Jahren im kommerziellen Sport teilweise zu und herging – was selbstverständlich zu verurteilen ist. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schwadroniert desillusioniert nur noch über die „Unkultur in der entrückten Welt der Fussball-Funktionäre“ (NZZ vom 29. Juni). Keine Anhaltspunkte oder Beweise finden sich allerdings im Report, die dazu führen müssten, Russland (2018) oder Katar (2022) die Austragung der WM-Endrunde zu versagen. Sogar der von „Bild“ aufgebotene Experte Lothar Matthäus vertraute sich der „Bild“-Zeitung an: „Es muss definitiv zu 100 Prozent bewiesen sein, dass Geld zu diesem Zweck geflossen ist“, sieht es der ehemalige Spitzen-Fussballer glasklar und meint bezüglich des „Zweckes“ die Vergabe der WM-Endrunden. Der Bericht ist allerdings weit davon entfernt, diesen Beweis zu erbringen. So verpufft nun der „Garcia“-Report in seiner Wirkung – wie jeweils die Wunderkerzen an den Weihnachtsbäumen und die hochgetriebene Stimmung zum Weihnachtsfest.