IAAF hält Suspendierung Russischer Leichtathleten aufrecht

(causasportnews/ red. / 20. Juni 2016) Nun ist es also passiert. Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hat anlässlich seiner Sitzung vom 17. Juni 2016 die seit November 2015 zunächst provisorische Sperre des russischen Leichtathletikverbands (RusAF) bestätigt; dieser bleibt vorerst in Anwendung von Regel 45 des Ethik-Codes des Weltverbandes suspendiert. Alle russischen Leichtathleten können somit bis auf weiteres nicht an internationalen Wettkämpfen teilnehmen.

Die Begründung lässt aufhorchen. Rune Andersen, Leiter der IAAF-Task Force, wirft dem RusAF vor, systematisches, institutionelles Doping seiner Athletinnen und Athleten zu betreiben und zu fördern. An der Kultur des Dopings und daran, dass es toleriert werde, habe sich seit der provisorischen Sperre vom letzten November nichts geändert; gewichtiges Argument hierfür sei unter anderem, dass die WADA in den vergangenen Monaten 736 unabhängige Dopingproben nicht wie geplant habe durchführen können. Zudem bezichtigte Andersen staatliche Autoritäten, nicht etwa den Anti-Doping Kampf zu unterstützten, sondern vielmehr systematisches Doping orchestriert und dabei geholfen zu haben, positive Dopingtest-Resultate zu verschleiern oder zu unterschlagen.

Zwei Tage danachRussland_olympia zog das IOC nach und erklärte, die entsprechende Entscheidung des IAAF vollständig zu respektieren; zudem machte das IOC deutlich, dass die jeweiligen Fachverbände über die Zulassung von Athletinnen und Athleten zu den Olympischen Spielen entscheiden. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass russische Leichtathletinnen und Leichtathleten an den Olympischen Spielen 2016  in Rio de Janeiro werden teilnehmen können.

Russland ist ein Schwergewicht des internationalen Sports. Seine Athletinnen und Athleten figurieren nicht nur in den vordersten Rängen der Medaillenspiegel – Russland ist auch wirtschaftlich ein Global Player, der die prestigeträchtigsten Wettbewerbe (FIFA Fussball Weltmeisterschaft, Olympische Spiele) ausrichtet; russische Politiker amten als gewichtige Sportfunktionäre (bspw. Witali Mutko) und russische Unternehmen (bspw. Gazprom) engagieren sich im Sponsoring von Sportgrossveranstaltungen.

Das deutliche Votum der IAAF kam daher für viele Beobachter überraschend. Lord Sebastian Coe, dem vorgeworfen wird, über die betreffenden Vorgänge bereits seit längerem informiert gewesen zu sein und der sich zudem mit jüngsten Vorwürfen konfrontiert sieht, sich Wahlstimmen mit Hilfe des zwischenzeitlich per Haftbefehl international gesuchten Papa Massata Diack, Sohn des skandalumwitterten früheren IAAF Präsidenten Lamine Diack, besorgt zu haben, ist es offenbar doch noch gelungen, die Zeichen der Zeit richtig zu deuten.

Sei es nun echter Reformwille oder aber die Faktenlage war so gravierend, dass selbst wohlmeinende Funktionäre nicht mehr ignorieren konnten, dass in Russland, toleriert und mit Hilfe staatlicher Institutionen, Geheimdiensten und Medien, systematisches Doping betrieben wurde – der (sport-)politische Druck muss enorm gewesen sein. Umso höher ist zu gewichten, dass der IAAF Council trotz dieses Drucks den entsprechenden Entscheid – noch dazu offenbar einstimmig – getroffen hat.

Und es kann durchaus noch schlimmer kommen. Dass das organisierte Doping nur die Leichtathleten betroffen haben soll, ist kaum zu glauben. Bereits prüft das IOC, ob auch andere russische Verbände von den Olympischen Spielen ausgeschlossen werden müssen. Unter der Leitung des kanadischen Anwalts Richard McLaren prüft die WADA die Vorwürfe des früheren Chefs des Moskauer Kontrolllabors, Grigorij Rodtschenkow, wonach während der Olympischen Spiele in Sotchi unter Beteiligung des Sportministeriums und des Geheimdienstes positive Proben russischer Athletinnen und Athleten gegen saubere Proben ausgetauscht worden sein sollen.

Sollte Richard McLaren diese Vorwürfe belegen können, dürfte auch dem IOC nichts anderes übrig bleiben, als sämtliche russischen Sportler von der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro auszuschliessen. Man darf zudem davon ausgehen, dass Stimmen laut werden, die auch den Entzug internationaler Wettbewerbe fordern (FIFA Fussball Weltmeisterschaft 2018).

Eines soll nicht unerwähnt bleiben: Ohne den deutschen Journalisten Hajo Seppelt, der seit Jahren in der Causa recherchiert und berichtet, wäre es kaum zur Aufdeckung dieses Doping-Skandals gekommen. Er hat fast im Alleingang den Sachverhalt recherchiert und mit Fakten untermauert, er war es, der mit Hilfe der Whistleblower Witali und Julia Stepanow das systematische Doping und die Beteiligung russischer Behörden hieran erstmals öffentlich gemacht hat – nicht gerade ein gutes Zeugnis für die mit Millionen ausgestatten Sportverbände und die WADA, die das Staatsdoping über Jahre offenbar nicht aufdecken konnten oder gar wollten.

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