causasportnews / Nr. 1059/09/2023, 18. September 2023

(causasportnews / red. / 18. September 2023) In Fussball-Deutschland herrscht wieder Normal-Zustand, oder, wie man es auch elegant sagen könnte: courant normal. Die Bundesliga gehört zu den bedeutendsten Ligen der Welt, und derzeit zieht sie alles und alle in ihren Bann. Die Kardinalfrage im Deutschen Liga-Geschäft lautet natürlich, ob es in der laufenden Saison 2023/24 einer Mannschaft gelingen wird, den FC Bayern-München am erneuten Titelgewinn zu hindern. Die Konkurrenz, es sind dies die üblichen «Verdächtigen», unternimmt alles, um die Dominanz der Mannschaft von Thomas Tuchel zu brechen. Viele Klubs haben allerdings nicht nur den Meister-Titel im Fokus, es gibt Mannschaften, die sich auf andere Weise im Liga-Business und vielleicht dann doch dereinst auch «europäisch» behaupten wollen, etwa der 1. FC Köln.
Hier wirkt seit kurzer Zeit ein Mann, der angetreten ist, um den Mythen umrankten «Karnevalsverein» in höhere Sphären zu führen, und zwar auf vernünftige Art und Weise, soweit das im Fussball überhaupt möglich ist. Die Rede ist hier nicht von Trainer Steffen Baumgart, sondern von Geschäftsführer Christian Keller, der seit kurzer Zeit in Köln wirkt und bestrebt ist, die sportlichen und wirtschaftlichen Gesetzmässigkeiten des Fussballs in Einklang zu bringen; das wird auch Fussball-Wirtschafts-Balance genannt. Selbstverständlich funktioniert das nur, wenn sich der sportliche Erfolg einstellt. Aktuell sieht das im 1. FC Köln gerade nicht danach aus. Nach vier Spieltagen in der laufenden Meisterschaft haben die «Geissböcke», wie die Kölner auch genannt werden, lediglich einen Punkt auf dem Konto. Der Sport-Direktor ist also gefordert, wenn er die Erkenntnisse seiner Doktorarbeit «Steuerung von Fussballunternehmen. Finanziellen und sportlichen Erfolg langfristig gestalten» in die Realität umsetzen will. Für CHF 69.90 oder etwa für den gleichen Betrag in Euro kann in der Doktorarbeit (zu beziehen im Erich Schmidt Verlag in Berlin) des Kölner Fussball-Managers nachgelesen werden, wie Christian Keller seinen Thesen Fussball-Realität einhauchen will. Was der Sport-Direktor bei seiner Arbeit in Köln erschwerend zu berücksichtigen hat, ist der Umstand, dass er seine Dissertation vor fast 15 Jahren verfasst hat; seither hat sich auch im Bundesliga-Fussball einiges verändert. Das ist aber wohl nicht der Grund, dass der Bundesliga-Auftakt 23/24 in Köln unter Sportdirektor Christian Keller massiv versiebt worden ist und die Liga teilweise von den «Kölner Keller-Kindern» spricht.
Jedenfalls spürt der 46jährige Fussball-Manager mit Doktortitel, dass das Bonmot vom Geld, das keine Tore schiesst, nur bedingt zutrifft. Ohne geeignetes Spielermaterial, das seinen Preis hat, geht wenig oder auch nichts. Die Balance zwischen sportlichem Erfolg und wirtschaftlichem Reüssieren zu finden ist nicht leicht. Christian Keller agiert durchaus liga-konform im Transfer-Geschäft. Er bekommt aber auch die unerfreulichen Seiten bei Spieler-Akquisitionen zu spüren. Im Moment hängt über dem 1. FC Köln ein Verbands-Damoklesschwert: Der Internationale Fussballverband (FIFA) hat den Klub mit einer Transfersperre belegt, weil dieser (vor der Ära Christian Keller) einen Spieler zum Vertragsbruch angestiftet haben soll, um diesen dann selber zu verpflichten. Das Internationale Sport-Schiedsgericht (TAS; Tribunal Arbitral du Sport) in Lausanne hat das harte FIFA-Verdikt gegen die Kölner einstweilen ausgesetzt (vgl. causasportnews vom 13. Juni 2023), aber die Folgen wären wohl verheerend, wenn der Transfer-Bann letztlich umgesetzt würde.
Christian Keller darf sich gar nicht ausmalen, wie eine derartige Verbands-Sanktion, die zweifelsfrei als unverhältnismässig und juristisch als unhaltbar qualifiziert werden dürfte, letztlich wirken könnte. Die Fussball-Kardinalfrage, die sich auch Christian Keller immer wieder stellt («da ist zuviel Geld im System», vgl. etwa Der Spiegel, 36/2023), ob Geld nun Tore schiesst oder nicht, wäre dann obsolet.

