Lawinenunglück mit neuer, juristischen Dimension

(causasportnews / red. / 3. Januar 2020) In den letzten Tagen des zu Ende gegangenen Jahres 2019 waren in den europäischen Alpenländern zahlreiche Lawinenunglücke, welche zum Teil Tote und Verletzte forderten, zu verzeichnen. Neben den menschlichen Tragödien stellten sich bei allen diesen Vorgängen die etwa gleichen, juristischen Grundsatz-Fragen, und zwar sowohl in strafrechtlicher als auch in zivilrechtlicher Hinsicht (mit Blick auf das Zivilrecht steht jeweils die „Verkehrssicherungspflicht“ von Bergbahnen- und Pistenbetreibern im Zentrum; vgl. hierzu die verschiedenen, in „Causa Sport“ thematisierten Fälle).

Speziell präsentiert sich die Ausgangslage nach einem Lawinenniedergang in Andermatt im Schweizer Kanton Uri. Kurz nach Weihnachten donnerte eine Lawine über jene Piste am Oberalppass, die zur neuen, vom ägyptischen Investor Samih Sawiris initiierten Tourismus-Destination in der Zentralschweiz gehört. Vor einem Jahr wurde u.a. diese Piste, welche den Zusammenschluss der Skigebiete zwischen Andermatt und Sedrun mitermöglicht, mit Pauken und Trompeten eröffnet („eine Vision wird Realität“, frohlockte damals die Urner Regierungsrätin und gescheiterte Bundesrats-Anwärterin Heidi Z’Graggen). Am 26. Dezember 2019 ereignete sich dann der in allen europäischen Medien vermeldete Lawinenniedergang, bei dem in geradezu wunderbarer Weise keine Personen zu Schaden kamen; zwei Frauen erlitten lediglich leichte Verletzungen. Es war dies trotz allem ein touristischer „Super-Gau“. Die Realisierung des Pisten-Projektes war von zahlreichen Bewilligungen abhängig gemacht worden, und, obwohl beim Lawinenniedergang glücklicherweise keine nennenswerten Personenschäden resultierten, stellte sich im Nachgang die Frage, ob bei einer solchen Konstellation im schlimmsten Fall nicht auch die öffentliche Hand eine Haftung treffen würde, falls die Pistenbewilligung von rigorosen Bewilligungen abhängig gemacht worden war, wie im konkreten Fall; wobei selbstverständlich immer auch die Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten durch Pistenbetreiber ein juristisches Element der rechtlichen Aufarbeitung nach einem solchen Ereignis in Betracht kommt. Im konkreten Fall mussten zahlreiche Bedingungen erfüllt werden, damit die Bewilligung letztlich erteilt werden konnte. Gerade der „Fall Andermatt“ wirft eine neue Frage juristische Verantwortlichkeits-Dimensionen im Zusammenhang mit erteilten Bewilligungen auf. Wer (der Staat) bezüglich eines Vorgangs überhaupt eine Bewilligungspflicht vorsieht, dürfte verantwortlich werden, falls sich grundsätzlich Konstellationen ergeben, auf Grund derer Schaden entsteht. Konkret hiess etwa das Bundesamt für Verkehr das Lawinenschutzkonzept für die fragliche Piste gut. Notiz am Rande: Für das fragliche Gebiet verliehen die Fachleute von „Seilbahnen Schweiz“ (der Verband der Schweizerischen Seilbahnbranche, ein privater Verein nach Schweizerischem Recht, Art. 60 ff. ZGB) das Gütesiegel „geprüfte Pisten“. Nur wer keine Bewilligungspflicht vorsieht, wird im Schadenfall von Haftung befreit, liesse sich die Rechtslage also zusammenfassen. Oder anders: „Vertrauenshaftung“ dürfte diese Anspruchsgrundlage gegenüber staatlichen Bewilligungsbehörden genannt werden.

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