FIS-Präsident im Kreuzfeuer der Kritik

(causasportnews / red. / 11. Februar 2019) Wer weit mehr als 70 Jahre auf dem Buckel hat, seit jeher im organisierten Sport tätig ist und auf viele Funktionärs-Jahrzehnte zurückblickt, darf sich alles leisten, sollte jedoch eines nicht tun: Sich zu „heissen Eisen“ äussern. Und falls doch, sind Themen, Formen und vermittelte Inhalte sorgsam abzuwägen – und klugerweise soll man sich am „Mainstream“ orientieren. Falls nicht, ist einem der „Shitstorm“ sicher.

So erlebt es derzeit der Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS), der Schweizer Gian Franco Kasper. Er hat gemachte Äusserungen wohl teils richtig gedacht, doch dessen kernige Aussagen provozieren seit Tagen einen Sturm der Entrüstung, der, wie heute in den Medien üblich, auch ins Persönliche abgleitet. Wenn sich der FIS-Präsident als Chef einer umweltbelastenden Sport-Maschinerie zum Klimaschutz und zur Vergabe grosser Sportanlässe äussert, jongliert er geradezu mit einer scharfen Bombe. Immerhin reist der Ski-Weltcup-Tross mit hoher zeitlicher Kadenz nicht gerade umweltschonend von Land zu Land, von Kontinent zu Kontinent, und an den Austragungsorten der Ski-Wettkämpfe sind nicht selten künstlich hergestellter Schnee und energieintensive Pistenpräparierungen notwendig. Da hätte der 75jährige Bündner Beweise zum Klimawandel besser nicht gefordert, auch wenn etwa der amerikanische Präsident ungeschmäht Unsinniges zu diesem Thema verbreiten darf; immerhin machten die Amerikaner diesen Mann in der besten Demokratie der Welt zum obersten Staatsdiener. Das macht vieles besser. Funktionär Gian Franco Kaspar hingegen ist der Vorsitzende einer monopolistischen Organisation – deshalb vielleicht die unbedachten Äusserungen zu den Vorzügen von Diktaturen. Apropos Diktatur: Es ist ein Faktum, dass in demokratisch geprägten Ländern die Austragung grosser Sportanlässe nicht mehr mehrheitsfähig ist. Letztmals hat das vor genau zwei Jahren auch der Kanton Graubünden, der Heimatkanton von Gian Franco Kasper, bewiesen, als die Olympia-Kandidatur 2026 von der Bevölkerung abgeschmettert wurde. Hier den Umkehrschluss zu wagen, folglich sei es in Diktaturen einfacher (und man müsse dies allenfalls bei der Vergabe von Sportanlässen berücksichtigen), solche Events zu organisieren, und demnach sei der Sport in Diktaturen besser aufgehoben als in Demokratien, ist natürlich eine eher abwegige Konklusion. Tatsache ist diskussionslos, dass grosse Sportanlässe in den letzten Jahren weitgehend in Ländern durchgeführt wurden, die nicht gerade durch überbordendes, demokratisches Gebaren aufgefallen sind, so etwa Russland mit den Olympischen Winter-Spielen 2014 und der Fussball-WM-Endrunde 2018; das wird auch in Zukunft tendenziell so sein. Ob das nun gut ist oder nicht, ist eine andere Frage. Gian Franco Kasper, der mit seinem Verband derzeit im demokratischen, und nicht als Diktatur bekannten Schweden die Ski-Weltmeisterschaft durchführen lässt, hat sich unglücklich zu Themen geäussert, die ihm nun einen eisigen Wind ins Gesicht blasen lassen. Vielleicht hat er es in der Tat anders gedacht – doch denken und sich äussern sind immer noch zwei verschiedene paar Schuhe – frei nach dem Sprichwort: „fürs Denken kann man nicht henken, nur für’s Äussern“. Geht es um den Skisport und um den zweifelsfrei umweltbelastenden Ski-Weltcup-Tross, hätte der Funktionär durchaus damit zusammenhängende Probleme thematisieren dürfen und können, statt sich unglücklich, heute würde man sagen „populistisch“, zu äussern. So dürfte durchaus auch im organisierten Skisport die Sinnfrage gestellt werden (der sich der Automobil-Rennsport erstaunlicherweise längst entzogen hat), nämlich, ob die in den Augen vieler Menschen unsinnige Renn-Raserei auf Skipisten noch verantwortbar ist. Oder ob Olympische Spiele und Weltmeisterschaften nicht immer am gleichen Ort auszutragen wären. Für eine Sportart wichtig ist letztlich die Medien-Berichterstattung. Wegen der Bedeutung der Medien im Sport fliegt dem bedauernswerten Funktionär aus dem Kanton Graubünden nun auch die öffentliche Meinung um die Ohren.

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