(causasportnews / red. / 8. November 2016) Es ist fast wie sonst im Leben: Gewisse Menschen können „es“ nicht miteinander. Das gilt ab und zu auch für Staaten, beispielsweise für die Türkei und die Schweiz. Da besuchte der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu in der vergangenen Woche die Schweiz. Und was geschah? Das Treffen mit dem schweizerischen Aussenminister Didier Burkhalter strafte alle diejenigen (Politiker/innen) Lüge, welche die Beziehungen zwischen den beiden Ländern schönzureden pflegen. Die helvetischen Medien qualifizierten den Besuch des Türken und seine Äusserungen in der Schweiz als „Provokation“; dem hatte die offizielle Schweiz kaum etwas entgegen zu setzen. Der auch sonst an Peinlichkeiten kaum zu überbietende Soft-Diplomat Didier Burkhalter wurde in der gemeinsamen Medienkonferenz in Bern von seinem Amtskollegen regelrecht vorgeführt.
Die Türken und die Schweizer könnten sich allerdings näher stehen als man denkt: Immerhin hat die Türkei das schweizerische Zivilrecht rezipiert, und 1923 wurde im Vertrag von Lausanne die moderne Türkei besiegelt. Doch immer wieder werfen politische Vorgänge Schatten auf das Verhältnis der beiden Länder, so etwa, wenn es um den Genozid an den Armeniern geht oder wenn sich Präsident Recep Erdogan durch Verlautbarungen oder Aktionen aus der Schweiz missverstanden oder verletzt fühlt (so wurde im Frühjahr in Genf von der Türkei die Entfernung eines in den Augen der Türkei verunglimpfenden Bildes von Recep Erdogan in Genf verlangt). Die seit Jahren herrschenden Spannungen zwischen den beiden Ländern haben bzw. hatten auch Auswirkungen auf den Sport. In einer Woche jährt sich ein denkwürdiges Ereignis, das nie derart eskaliert wäre, falls zwischen der Schweiz und der Türkei ein „Normalzustand“ herrschen würde. Am 16. November 2005 wurde in Istanbul das WM-Barrage-Rückspiel zwischen der Türkei und der Schweiz bezüglich der WM-Teilnahme 2006 in Deutschland ausgetragen (P.S.: In Deutschland bilden die Türken eine der bedeutendsten Ausländerkolonien). Die Schweiz hatte das Hinspiel mit 2:0 Toren gewonnen; die Türken hätten für die Qualifikation für die WM-Endrunde 2006 z.B. mindestens 3:0 gewinnen müssen. Dank der Auswärtstor-Regelung schaffte die Türkei trotz des 4:2-Sieges den Sprung nach Deutschland nicht. Zweifelsfrei war das schlechte Verhältnis zwischen den beiden Ländern dann eine Ursache, dass die türkische Mannschaft und einige Offizielle völlig ausrasteten. Nach Spielende kam es zwischen türkischen und schweizerischen Spielern zu Ausschreitungen, wie sie in Fussballstadien unter Aktiven und Offiziellen noch selten zu sehen waren. Die äusserst gewalttätigen Ausschreitungen in Instanbul führten zu einer Fülle von Disziplinarverfahren, wie sie es der Weltfussballverband FIFA bis heute nie mehr erlebt hatte. Es setzte für die an den Auseinandersetzungen Beteiligten Sanktionen ab, doch die Schweiz nahm dennoch an der WM-Endrunde 2006 in Deutschland teil. Auch danach beruhigten sich die Gemüter nicht. Der Hass der Türken gegen Schweizer entlud sich in allen denkbaren Varianten. So wurde im Rahmen der WM-Endrunde in Deutschland der damalige Sportchef der „Neuen Zürcher Zeitung“, Felix Reidhaar, von einem türkischen Taxifahrer in Berlin regelrecht aus dem Auto geworfen, nachdem er mitbekommen hatte, dass es sich beim Journalisten um einen Schweizer handelte.- Die Lehre aus dieser Geschichte: Nicht alle können „es“ in der Tat miteinander, wie eingangs erwähnt. Und der Sport ist nicht immer völkerverbindend (wie immer wieder behauptet wird), sondern kann zum „Ventil“ für Spannungen und Auseinandersetzungen unter und zwischen den Menschen werden.