Baum-Notlandung (auch) mit versicherungsrechtlichen Tücken

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Quelle: wikipedia Quartl: 

(causasportnews / red. / 31. Oktober 2016) Das Gleitschirmfliegen hat seine Tücken. Aber nicht nur das Fliegen an sich: Verläuft ein Gleitschirmflug nicht planmässig, kann das, wenn ein Gleitschirmpilot Schaden nimmt, auch zu versicherungsrechtlichen Wirrungen führen. Das zeigt ein Fall aus Österreich, den der Oberste Gerichtshof in diesem Herbst zu entschieden hatte (Urteil vom 31. August 2016, Geschäftszahl 7Ob120/16x).

Im Juni 2013 startete ein Gleitschirmflieger zu einem Flug, verlor auf Grund von Turbulenzen jedoch an Höhe und entschloss sich kurzerhand zu einer Notlandung. Er setze zu dieser auf dem Wipfel einer ca. 40 Meter hohen Tanne an und landete unverletzt auf ihr. In Anbetracht der Umstände entschloss er sich, vom Baumwipfel nach unten zu steigen und sich nicht etwa durch einen Hubschrauber retten zu lassen. Weil die Tanne im untersten Bereich keine Äste mehr hatte, rutschte der Gleitschirmflieger die letzten Meter dem Stamm entlang hinunter und verletzte sich beim Aufkommen auf dem Boden am Fuss. Der Sportler verlangte von seiner Versicherung die ihm zustehende Versicherungsleistung was die Versicherung ablehnte. Letztlich ging es um die Kernfrage, ob der Verletzte zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch als Luftfahrzeugführer (Luftsportgeräteführer) zu qualifizieren gewesen sei oder nicht (mehr). In diesem Fall war auf Grund der Versicherungsbedingungen eine Versicherungsdeckung ausgeschlossen. Der Versicherte argumentierte, er sei ab dem Zeitpunkt der Notlandung auf der Tanne nicht mehr als Luftfahrzeugführer anzusehen gewesen, weshalb Versicherungsleistungen zu Folge des mit der Notlandung beendeten Risikoausschlusses geschuldet seien. Anders beurteilte die Versicherung die Sachlage: Mit der Baum-Notlandung sei der Gleitschirmflug noch nicht abgeschlossen gewesen; eine derartige Notlandung beende demnach den Risikoausschluss nicht. Folglich sei die Versicherung zu keinen Leistungen verpflichtet. So, wie die Versicherung, entschied letztlich (wie die Vorinstanzen) der Oberste Gerichtshof den nicht alltäglichen Fall. Luftfahrzeugführer sei man vom Start bis zur Landung. Unter einer Landung sei das Erreichen des festen Bodens zu verstehen. Zu diesem Zeitpunkt ende dann auch der Risikoausschluss. Das Herunterklettern vom Baum, das Abrutschen bis zum Boden und die dadurch verursachte Verletzung gehören noch zur Beendigungsphase eines Gleitschirmfluges. Deshalb gelte der Risikoausschluss zu diesem Zeitpunkt der eingetretenen Verletzung noch nicht, so dass der Versicherungsausschluss zum Zeitpunkt des Eintritts des Schadenereignisses weiterhin Gültigkeit aufgewiesen habe – die Versicherung also nicht leisten müsse. Fazit: Ein Gleitschirmflug ist dann beendet, wenn der Flugsportler wieder sicheren Boden unter den Füssen hat; die Tücken des Gleitschirmfliegens erstrecken sich ab und zu auch auf die versicherungsrechtliche Ebene.

cover_klein (Weiteres zu diesem Fall in Causa Sport 4/2016, erscheint am 31. Dezember 2016 ).

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