Schlagwort-Archive: Jolanda Spiess-Hegglin

Sport, Schmuddeliges und die Folgen

causasportnews.com – 10/2025, 30. Januar 2025

Photo by Sora Shimazaki on Pexels.com

(causasportnews / red. / 30. Januar 2025) Soeben hat das Kantonsgericht Zug in einem brisanten Zivilrechts-Fall entschieden und das Medienhaus Ringier AG, das unter anderem die Boulevard-Zeitung «Blick» herausgibt, dazu verpflichtet, der ehemaligen Lokalpolitikerin Jolanda SpiessHegglin mehr als CHF 300 000 zu bezahlen, zuzüglich Zinsen und weiterer Kosten fast nochmals soviel. Die Entscheidung erging im Rahmen zahlreicher Verfahren im Zuge der sog. «Landammann-Affäre», die sich im Dezember 2014 in Zug zugetragen hatte. Ausserhalb des «Protokolls» soll es im Nachgang zur Feier für den neu gewählten Landammann (es handelte sich um den ehemaligen Direktor der Rechtsabteilung der Internationalen Fussball-Verbandes FIFA, dem heutigen Regierungsrat Heinz Tännler, der mit dem Vorfall, der die Öffentlichkeit bis heute beschäftigt, selbstverständlich nichts zu tun hatte und hat) zugetragen hatte. Der Vorfall wurde zur «Affäre», weil es im Nachgang zur Feier für Landammann Heinz Tännler zu einem intimen Kontakt zwischen der ehemaligen, grünen Politikerin und Klägerin am Kantonsgericht und einem anderen Politiker der SVP gekommen sein soll. Der Vorfall, von dem bis heute nicht bekannt ist, wie er sich zugetragen haben soll, wurde an die Öffentlichkeit gezerrt und bildet bis heute ein Schmuddel-Thema, auch in den Schweizer Medien, welche die Angelegenheit teils süffisant ausschlachteten.

Insbesondere für die Boulevard-Medien war das zwischen Jolanda SpiessHegglin und dem SVP-Politiker Vorgefallene, eine eher unappetitliche Geschichte, das berühmte, gefundene «Fressen». Es wurde auch in grossen Lettern darüber berichtet, gemutmasst und spekuliert. Jedenfalls verletzte der «Blick» mit seiner Berichterstattung die Persönlichkeitsrechte von Jolanda Spiess–Hegglin in mehreren Artikeln. Die widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzungen (gemäss Art. 28 ZGB) erfolgten im «Blick» zumindest in vier Artikeln, wie die Zuger Gerichte feststellten. Danach ging die in ihren Persönlichkeitsrechten widerrechtlich verletzte, ehemalige Politikerin auch gemäss Art. 28a Abs. 3 ZGB vor. Diese bis heute eher selten angerufene Bestimmung ermöglicht u.a. nach einer erfolgten, widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung (Art. 28 Abs. 2 ZGB) die Gewinnherausgabe (konkret den Gewinn, der vom «Blick» durch die Persönlichkeitsverletzungen erzielt hat) zu verlangen. Diese Gewinnherausgabe bildete das Kernstück der nun entschiedenen Klage am Kantonsgericht Zug. In dieser Deutlichkeit erfolgte in der Schweiz noch nie eine Entscheidung aufgrund der Anspruchsgrundlage gemäss Art. 28a Abs. 3 ZGB.

Die Gewinnherausgabe war insbesondere auch Gegenstand im Persönlichkeitsverletzungs-Prozess, den der Vater der ehemaligen Tennisspielerin Patty Schnyder gegen Ringier AG («Blick», etc.!) führte, und der vor dem Schweizerischen Bundesgericht endete (vgl. das Urteil des Bundesgerichts vom 7. Dezember 2006 ; BGE 133 III 153 ff.). In jenem Fall einigten sich die Parteien aussergerichtlich auf die Höhe der durch Ringier AG zu bezahlende Summe (Anmerkung: Für die Medien ist es ein Graus, wenn die Gerichte die Faktoren für eine Gewinnherausgabe ermitteln, wie es sich auch in dieser Angelegenheit «Nachgang Zuger Landammann-Affäre» zeigte).

Die vom Kantonsgericht festgesetzte Summe unter dem Titel «Herausgabe des Gewinns» versetzt den «Blick» in Schockstarre. «In eigener Sache» sprach die «CEO Ringier Medien Schweiz» im «Blick» vom 28. Januar 2025 von «einem fatalen Schlag für den freien Journalismus» und von einem «Strafzettel» für Medienschaffende, was natürlich eine verquerte Optik darstellt und als geradezu blanker Unsinn zu qualifizieren ist: Die Boulevard-Macher haben noch immer nicht verstanden, dass Journalismus selbstverständlich frei möglich (und gewünscht) ist; jedoch nicht rechtswidriger, persönlichkeitsverletzender Journalismus. Recht und Gesetz (hier vor allem Art. 28a Abs. 3 ZGB) bilden die Leitplanken auch der Medienarbeit.

Müssig anzufügen, dass das Verlagshaus das Urteil des Kantonsgerichts Zug an das Bundesgericht ziehen wird. Affaire à suivre also auch in dieser «Causa Landammann-Feier». Die Entscheidung aus Lausanne wird auch den künftigen Sport-Journalismus prägen. Es wird ein «Denkzettel» (kein «Strafzettel»!) sein!

Die Folgen der «Causa Patty Schnyder» für den Persönlichkeitsschutz

(causasportnews / 1198/11/2024, 7. November 2024)

Photo by Helena Lopes on Pexels.com

(causasportnewsw / red. / 7. November 2024) Vor ziemlich genau zehn Jahren, im Dezember 2014, sorgte der Kanton Zug für Schlagzeilen, als sich im Rahmen der sog. «Landammannfeier» offensichtlich Unappetitliches ereignete. Zu Ehren des Landammannes Heinz Tännler, des Ex-Rechts-Direktor des Internationalen Fussballverbandes FIFA in Zürich und ehemaliger Eishockey-Funktionär, wurde in Zug gefeiert, was das Zeug hielt. Die Bevölkerung liess den heute 64jährigen Heinz Tännler, der 2015 und 2016 den Stand Zug vertrat, durch diverse Festivitäten hochleben. Vor allem nach dem offiziellen Teil artete die Feier aus, es floss reichlich Alkohol und die Hemmschwellen sanken. Im beschaulichen Städtchen Zug kamen sich so auch Männchen und Weibchen näher. Und weil in Zug jeder jeden kennt, wurde es u.a. manifest, dass sich eine Politikerin der Grünen und ein SVP-Vertreter ziemlich zu mögen schienen. Noch mehr als das. Die Medien berichteten von sexuellen Annäherungen zwischen Jolanda Spiess-Hegglin und Markus Hürlimann. Bis heute ist nicht genau geklärt, was lief und wie es allenfalls lief. Die Rede war unter anderem von K.O.-Tropfen, welche die Frau gefügig gemacht haben sollen und den Mann zum Tier werden liessen. Da die Umstände dieses amourösen Teils der «Landammannfeier» nach wie vor nicht geklärt sind, jedoch davon auszugehen ist, dass sich in Richtung Annäherung zwischen der Politikerin und dem Politiker etwas tat, wurde das Nachspiel zur «Landammannfeier» letztlich zum Juristenfutter. Derzeit wird gestritten, wieviel die Zeitung «Blick», welche die Persönlichkeit von Jolanda Spiess-Hegglin gleich in mehreren Medienberichten verletzt hatte (Art. 28 des Zivilgesetzbuches, ZGB) unter dem Titel «Gewinnherausgabe» zu zahlen hat. Mit diesem Begehren der Ex-Politikerin befasst sich derzeit das Zuger Kantonsgericht.

Die Gewinnherausgabe nach Persönlichkeitsverletzungen, Jolanda Spiess-Hegglin fordert vom «Blick» / Medienhaus Ringier eine Summe von 640’000 Franken, ist im Medienbereich mehr als brisant. Mit Blick auf die Gewinnherausgabe liest es sich im Gesetz ziemlich einfach und nachvollziehbar: Unter anderem kann bei Persönlichkeitsverletzungen durch die Medien die «Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag» (Art. 28a Abs. 3 ZGB) verlangt werden. Im aktuellen Fall ist also zu eruieren, wie der Gewinn des Medienhauses Ringier mit vier persönlichkeitsverletzenden Beiträgen zu errechnen ist; also, wie hoch der (Netto-)Gewinn ist, den das Medienhaus mit den Artikeln erzielt hat. Indikatoren können etwa die Angaben zur Auflagenhöhe der Zeitung, zu den Abonnementsverkäufen, zu den Verkäufen an Kiosken, zu den Werbevolumina in den betreffenden Nummern des Mediums, zu Seitenaufrufen im online-Bereich oder zu Internet-Klicks bezüglich der betreffenden Artikel sein. Die Verlage scheuen sich nachvollziehbar, hier Fakten- und Zahlenmaterial zu liefern. Was Gewinn- und Verlustrechnungen anbelangt, gibt man sich in der Branche gerne bedeckt. Das macht die Gewinn-Eruierung bei Persönlichkeitsverletzungen äusserst schwierig, ja beinahe unmöglich. Letztlich wird auf Wahrscheinlichkeitsberechnungen abzustellen sein.

Thematik und Problematik in der «Causa Jolanda Spiess-Hegglin / Medien» erinnern an ein Vorkommnis mit sportlichem Gehalt. Die Zuger Richter werden sich bei der Auseinandersetzung mit dieser aktuellen juristischen Knacknuss am Fall des Vaters der ehemaligen Top-Tennisspielerin Patty Schnyder orientieren können. Willy Schnyder verlangte von der Ringier AG im Zuge von vier persönlichkeitsverletzenden Artikeln im «Sonntagsblick» eine Gewinnherausgabe. Das Bundesgericht entwickelte in diesem Zusammenhang Grundsätzliches mit Bezug auf Art. 28a Abs. 1 ZGB (Urteil des Bundesgerichts vom 7. Dezember 2006: BGE 133 III 153 ff.). Dieses Urteil wird das Zuger Kantonsgericht zweifelsfrei aufmerksam durchlesen und wohl auch zitieren, wenn es über die Gewinnherausgabe an Jolanda Spiess-Hegglin im Nachgang zur «Landammannaffäre» befinden muss.