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Alexander Zverevs Achterbahn der Gefühle

causasportnews / Nr. 1150/06/2024, 11. Juni 2024

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(causasportnews / red. / 11. Juni 2024) Für einen Sportler oder eine Sportlerin gibt es nichts Schöneres als zu siegen. Der Sport ist grundsätzlich unkompliziert und sorgt für unmittelbare Klarheit – in Form von Sieg und Niederlage. Nach Beendigung eines sportlichen Wettbewerbs oder Wettkampfs steht der Sieger oder die Siegerin fest – ausgenommen, die Mühlen der Sportjustiz kommen noch zum Zuge. Auch dieser Umstand wird «Verlängerung» genannt. Im täglichen Leben ist oft alles viel schwieriger. Vieles kann lange bis ewig dauern, und ebenso vieles bleibt am Ende unklar, anders als im Sport.
Der Tennis-Star Alexander Zverev erlebte in dieser Hinsicht in den letzten Tagen eine umgekehrte Konstellation im Spannungsfeld von Sport und profaner Realität, welche ihm eine Achterbahn der Gefühle bescherte.
Der 27jährig Deutsche verlor am Wochenende das Finalspiel beim Prestige-Turnier French Open auf nicht zwingende Weise. Statt Carlos Alcaraz hätte der Sieger auch … Alexander Zverev heissen können. Das Glück war dem gross-gewachsenen Tennis-Helden jedoch nicht hold. Es war letztlich so, dass der Olympiasieger in der Tat kein Glück hatte – und dann noch Pech dazu kam, wie dies einst der ehemalige, heute 60jährige Fussballspieler Jürgen Wegmann bei einer ähnlichen Situation auf den Punkt brachte. Soweit die sportliche Seite mit Bezug auf Alexander Zverev.
Gleichzeitig zum Turnier in Paris hatte der Hamburger eine private «Baustelle» am Amtsgericht Berlin-Tiergarten aufzuräumen. Es ging um häusliche Gewalt zum Nachteil einer Ex-Freundin. Deswegen wurde gegen den Tennis-Professional 2023 ein Strafbefehl in der Höhe von 450 000 Euro erlassen. Dagegen legte Alexander Zverev Widerspruch ein. Ein paar Tage vor dem Finalspiel in Paris stellte das Amtsgericht in Berlin den Prozess ein und hob den Strafbefehl auf. Alle Parteien stimmten letztlich dieser Einstellung des Verfahrens nach langer Verfahrensdauer zu, nachdem die Anschuldigungen der Ex-Freundin wegen Widersprüchen in sich zusammen fielen. Mit dieser Prozess-Einstellung und der Aufhebung des Strafbefehls von 2023 ist eine Geldauflage in der Höhe von 200 000 Euro verbunden. Ein Betrag, den Alexandr Zverev natürlich mit Leichtigkeit «stemmen» kann. Hauptsache, er ist dieses Prozessbelastung los, und es gilt für ihn selbstverständlich und definitiv die Unschuldsvermutung. Dank dieses Verfahrenserfolgs kann er die Schmach der Niederlage von Paris wegstecken. Für einmal war der Sieg neben dem Sportplatz wichtiger als der Triumph auf demselben. In diesem Sinn hätte sich der Tennisstar zweifellos entschieden, wenn er vor die Wahl gestellt worden wäre, im Gerichtssaal zu gewinnen aber auf dem Sportplatz, wenn auch unglücklich, zu verlieren.

Dauerbrenner Sport und Politik

causasportnews / Nr. 1022/05/2023, 31. Mai 2023

Pristina, Hauptstadt des Kosovo; Photo by u015eenad Kahraman on Pexels.com

(causasportnews / red. / 31. Mai 2023) Als ob es derzeit nicht schon genügend Kriege, Konflikte, Gewalt und Chaos auf der Welt geben würde. Jetzt bekriegen sich auch wieder einmal Serbien und der Kosovo. In Nordkosovo herrscht der Ausnahmezustand. Die Gewalt dominiert. Serbische Demonstrantinnen und Demonstranten bekämpfen in schockierender Art KFOR-Soldaten, die zu den Nato-Truppen gehören. Das alleine ist schon tragisch genug, doch wie bei solchen Ereignissen an der Tagesordnung, mischt sich der Sport auch hier ins Politische ein, das jetzt schon eine kriegerische Komponente aufweist. Sport und Politik haben nichts miteinander zu tun, wiederholt der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOK), Thomas Bach, immer wieder gebetsmühlenartig. Und wird stets aufs Neue widerlegt. Wie jetzt aktuell im Kosovo. Dabei ist realistischerweise zu berücksichtigen, dass beispielsweise Nationalismus und Sport Parallelitäten aufweisen, was im seit Jahren schwelenden Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo permanent manifest wird. Sportlerinnen und Sportler sind eben auch Staatsangehörige ihrer Länderund fühlen sich ihrer Ethnie verpflichtet. Siehe das Beispiel Russland gegen die Ukraine; das ist übrigens (und leider) keine Fussball-Paarung, sondern steht für das wohl sinnloseste Gemetzel seit dem 2. Weltkrieg, losgetreten von Wahnsinnigen. Die Hilflosigkeit des Sportes tritt immer wieder zu Tage, wenn es um die Moral gegenüber Kriegsführenden und Aggressoren geht. Wie im Angriffskrieg der Russen gegen die Ukraine. Der Sport bringt es bekanntlich nicht fertig, aus diesem Segment alles Russische zu eliminieren. Er zeigt sich auch mit dem Umgang mit Provokateuren, Hetzern und Zündlern hilflos.

Es kommt zwar nicht überraschend, dass der im Moment am Frech Open engagierte Tennis-Star Novak Djokovic die Gelegenheit packt, sich unnötig und provokativ einzubringen und sich einfältig zu den Ereignissen in Nordkosovo zu äussern. Kosovo sei das Herz Serbiens, und mit der Gewalt müsse es ein Ende haben (sic!), äusserte er sich nach seinem Erstrundensieg in Paris zu den Gewaltausbrüchen im Kosovo. Eigentlich ist die Weltranglisten Nummer 3 Voll-Professional und würde sich klugerweise auf die Erbringung seiner Arbeitsleistung beschränken und sich nicht zu politisch motivierter Gewalt im Umfeld von Serbien und Kosovo äussern. Das tut er trotzdem, wohlwissend, dass er damit wohl (auch) gegen die Ethik-Charta des Französischen Tennis-Verbandes (FTT, Fédération Française de Tennis) verstösst. Dieses Regelwerk wird allerdings als ziemlich zahnlos eingestuft und dürfte einem Top-Sportler von der Qualität eines Novak Djokovic wenig bis nichts anhaben.

Fazit: Die Trennung von Sport und Politik wäre so wichtig wie die flächendeckende Separation von Kirche und Staat. Doch Illusion bleibt Illusion. Oder «panta rhei» (alles fliesst), wäre man geneigt zu sagen. Schliesslich findet es die orthodoxe Kirche in Moskau und Umgebung auch gut, was der russische Staat derzeit so anstellt. Da wird man dem Top-Spieler aus Serbien auch ein bisschen Zündeln zugestehen müssen.