Vom selbstgefälligen FIFA-Funktionär zur selbstgefälligen Nervensäge

causasportnews.com – 46/2025, 19. Mai 2025

D5-Presidence benin

(causasportnews / red. / 19. Mai 2025) Zu behaupten, der amtierende Präsident des Weltfussball-Verbandes, der 2016 gleichsam als «Notnagel» in das oberste Funktionärsamt der FIFA gewählt wurde, gehöre zu den beliebtesten Menschen im internationalen Sport, wäre wohl leicht übertrieben. Seit Gianni Infantino an Stelle der ehemaligen Fussball-Ikone Michel Platini, der für dieses Amt auserwählt war, diesen Posten regelrecht «erbte» und das Vermächtnis des Wallisers Joseph Blatter antrat, fliegen ihm relativ wenige Herzen entgegen. Zu sehr gebärdet sich der italienisch-schweizerische Doppelbürger als Fussball-Technokrat, der in den Augen des Publikums eher die eigenen, statt die Interessen des Weltfussballs im Auge hat. Der 55jährige Walliser, ein gelernter Jurist, nutzt die Präsidentschafts-Plattform seit seinem Amtsantritt insbesondere für sich und übt sich in dieser Funktion vor allem als Staatsmann, denn als oberster Diener des Fussballs und des Verbandes FIFA mit Sitz in Zürich. Russlands Wladimir Putin (Russland war WM-Ausrichter 2018), Saudi Arabiens Salman bin Abdulaziz Al Saud (in Saudi Arabien wird die WM-Endrunde 2034 ausgetragen), US-Präsident Donald Trump (Amerika sowie Kanada und Mexiko zeichnen zusammen für die Austragung der WM-Endrunde im kommenden Jahr verantwortlich) und andere, teils zwielichtige Gestalten, gehören zu seinen besten Freunden. Sein derzeit prominentester Weggefährte und «good guy», Donald Trump, hat letztlich aktuell die Ursache dafür gesetzt, dass es in der «FIFA-Familie», wie die Funktionärs-Kaste sich selber sieht, zu einem veritablen Eklat gekommen ist. Weil Gianni Infantino mit dem US-Präsidenten mit staatsmännischem Gehabe im Nahen Osten herumtourte, traf der FIFA-Präsident zum Kongress (Generalversammlung des Verbandes FIFA) erst mit mehrstündiger Verspätung in Paraguays Hauptstadt Asunción ein, mit dem Privatflugzeug, versteht sich. Die Güterabwägung zwischen der Wahrnehmung der präsidialen Kernaufgabe, die Leitung der FIFA-Generalversammlung, und das Bedürfnis, in der Weltpolitik Präsenz mit dem derzeit umstrittensten Politiker der Welt zu markieren, war für Gianni Infantino klar: Wenn Donald Trump ruft, muss die FIFA warten. Das gilt auch für die mehr als 200 Delegierten der Nationalverbände. Wobei nicht ganz klar war, ob sich der FIFA-Präsident dem US-Präsidenten aufgedrängt hatte.

Dieses Verhalten führte allerdings zu einem veritablen Eklat im Weltfussball. So blieben u.a. die Mitglieder des FIFA-Rates und andere Kongress-Delegierte aus Europa nach der Kaffeepause dem weiteren Kongress fern; es waren dies leitende Funktionäre des europäischen Fussballs, angeführt von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin. Aber auch etwa der Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB), Bernd Neuendorf, verliess den Kongress vorzeitig. Noch nie seit der achtjährigen Präsidentschaft von Gianni Infantino wurde die Ablehnung gegenüber dem ungeliebten FIFA-Präsidenten derart offenkundig wir vor ein paar Tagen in Paraguays Hauptstadt. Nicht zu vergessen ist, dass der amtierende FIFA-Präsident ein ehemaliger Spitzen-Funktionär der UEFA war! Wäre nicht gewährleistet, dass die «Geldmaschine Fussball» auch unter dem Italo-Schweizer wie geölt funktioniert und die FIFA-Mitglieder (Nationalverbände) mit immer mehr Mitteln alimentiert werden (vgl. auch die aktuellen Finanzberichte des Weltverbandes), wären die Stunden von Gianni Infantino als FIFA-Präsident wohl nach dieser Geringschätzung des obersten FIFA-Organs (Kongress) durch den Präsidenten in Südamerika gezählt. Die Abreise der Kongress-Teilnehmer bleibt jedoch letztlich einzig eine hilflose Protestaktion, eine temporäre Störung des «Familienfriedens» in der «FIFA-Familie», so, wie es eben in jeder Familie, eben auch in der Fussball-Familie, vorkommen kann. Auch wenn der Auszug der Funktionäre am Kongress als ein Zeichen der flächendeckenden Ablehnung dieses Problem-Funktionärs durch den FIFA -Kongress einzustufen ist, wird dieser unschöne Vorgang in Paraguay folgenlos bleiben, aber doch einiges bestätigen. Bis jetzt wurde Gianni Infantino stets als «selbstgefälliger FIFA-Boss» qualifiziert (vgl. etwa den Zürcher «Tages-Anzeiger» vom 17. Mai 2025). Jetzt ist er zur selbstgefälligen Nervensäge geworden, mit der die FIFA weiterhin «leben» muss und letztlich will – und vor allem weiterhin gut leben wird.

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