Ein Ex-Boxer auf Abwegen

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(causasportnews / red. / 26. Mai 2022) Insbesondere Kampfsportler sehen sich immer wieder mit dem Pauschal- oder Vorurteil konfrontiert, sie würden nach Beendigung ihrer Aktiv-Karrieren den Tritt im «normalen» Leben nicht mehr finden. In der Tat gestaltet sich das Leben nach dem Sport vor allem für Athletinnen und Athleten aus der Kampfsport-Szene nicht immer einfach. Allerdings dürften die Geschichten um nach den sportlichen Aktivitäten auf die schiefe Bahn geratene Sportlerinnen und Sportler nicht zum Schluss verleiten, das Leben auch erfolgreicher Athletinnen und Athleten nach der Sport-Laufbahn sei durchwegs ein Desaster.

Dennoch werden immer wieder Historien vor allem von Kampfsportlern bekannt, die aus der Bahn geworfen wurden, sich im Alkohol- oder Drogensumpf wiederfinden, durch Gewalttätigkeiten in ihren Umfeldern auffallen oder sich von Schuldenbergen erdrückt sehen. Auf Abwegen im wahrsten Sinne des Wortes gelangte kürzlich ein ehemaliger Ex-Boxer, der 61jährige Zürcher Thomas Marthaler. Seinen Fehltritt in der Dominikanischen Republik beschäftigen seit einigen Tagen die Medien. Weshalb eigentlich, ist unerfindlich, denn die Geschichte, die sich rund 8000 Kilometer von Zürich entfernt zutrug, ist weder sensationell oder spektakulär; sie endete schlicht glücklich. Vielleicht aber, weil der ehemalige Schwergewichtler mit einer Körpergrüsse von zwei Metern eine doch schillernde «Vita» aufweist? Thomas Marthaler war nicht nur ein erfolgreicher Boxer, sondern arbeitete nach Beendigung seiner sportlichen Karriere und nach erfolgreich abgeschlossenem Jura-Studium erfolgreich als Jurist und wurde in der Stadt Zürich bald einmal Friedensrichter (viele Prozesse müssen, bevor die Gerichte aktiv werden können, ein Schlichtungsverfahren beim Friedensrichter durchlaufen). Daneben sitzt der schwergewichtige, jedoch immer noch gut trainierte Mann im Zürcher Kantonalparlament. Für die SP – weshalb von rechter Seite moniert wird, Thomas Marthalers vor allem in den Medien breitgeschlagene Abenteuer im Karibikstaat sei ein SP-Propaganda-Gag zu Gunsten der im Tiefflug befindlichen Sozialdemokratie.

Die aktuelle Geschichte von Thomas Marthaler, der in der Domenikanischen Republik vom Weg, bzw. vom Ziel abkam, ist rasch erzählt: Er besuchte seinen Bruder in Puerto Plata, sah von dessen Haus den dicht bewaldeten, knapp 800 Meter hohen Hügel Isabel De Torres. Diese Kuppe, die ihn faszinierte, wollte der sportliche Hüne mal rasch besteigen; und unterschätzte das Unterfangen total. Im Dschungel verirrte sich der Ex-Boxer, sein Handy hatte keinen Empfang mehr, fernab jeglicher Zivilisation war von keiner Seite Hilfe zu erwarten. Ohne Wasser und Verpflegung fand der Marsch durch die Wildnis, die durchaus tödlich hätte enden können, ein gutes Ende, als Thomas Marthaler nach über 30 Stunden zerschunden, erschöpft und völlig dehydriert zu einer Siedlung gelangte, wo er mit dem Notwendigsten versehen wurde. Dass er sich letztlich erfolgreich durch den Dschungel boxte und sich rasch von den Strapazen erholen konnte, schreibt der ehemalige Berufsathlet seiner guten Kondition zu, gestand jedoch ein, bei der eigenen Sicherheit immer etwas nachlässig zu sein – auch beim Aufstieg zum Dach des Hügels Isabel De Torres. Als er die Nacht im Dschungel verbrachte, sei ihm der Tod gegenwärtig geworden, sagt der 61jährige Zürcher Jurist rückblickend. Wohl mehr als jeweils bei seinen legendären Abnützungskämpfen im Ring, die wenigstens in zeitlicher Hinsicht absehbar waren.

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