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Nach den «goldenen Tagen von Sapporo» im Behörden-Dickicht gefangen

causasportnews / Nr. 1116/02/2024, 29. Februar 2024

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(causasportnews / red. / 29. Februar 2024) Der Schweizer Bobsport erlebte schon erfolgreichere Tage, als dies aktuell der Fall ist. So zum Beispiel an den Olympischen Winterspielen 1972 im japanischen Sapporo. Im Medaillenspiegel lag nach total 35 Entscheidungen die Sowjetunion, gefolgt von der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und … der Schweiz, an der Spitze. Das Sowjetreich ist längst zerbröselt, die DDR ist ebenfalls Geschichte; nur die Schweiz gibt es im Moment noch weiterhin in der traditionellen Form. Für den Schweizer Sport waren die Erfolge der Athletinnen und Athleten aus den Bergen Zentraleuropas mit zehn Medaillen auf der Insel Hokkaido durchschlagend. In den Medien wurde von den «goldenen Tagen von Sapporo» gesprochen. Immerhin eroberten die Schweizerinnen und Schweizer vier goldene Auszeichnungen (die DDR gewann vier Goldmedaillen, die übermächtigen Russinnen und Russen soviele wie die DDR und die Schweiz zusammen). Es waren auch die kecken Auftritte der unbeschwerten Marie-Theres Nadig, die sich mit ihren 17 Jahren Gold in der Abfahrt und im Riesenslalom einfuhr; und damit die favorisierte Österreicherin Annemarie Moser-Pröll in diesen Disziplinen geradezu gedemütigt auf die Silberplätze verwies. Die Spiele von Sapporo 72 waren so oder so nicht die Wettkämpfe der Österreicherinnen und Österreicher (gesamthaft vier Medaillen, darunter eine einzige «Goldene»), die mit dem legendären Karl Schranz schon vor den Wettkämpfen einen Medaillen-Trumpf verloren (dieser Ausnahmeathlet wurde der Sport-Amateur-Hysterie des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage geopfert). Die «goldenen Tage von Sapporo» liefen aus Schweizer Sicht auch unter dem Motto: «Ogis Leute siegen heute»! Der spätere Bundesrat Adolf Ogi war damals Direktor des Schweizerischen Skiverbandes.

Zum Goldregen in Japan, der über der Schweiz niederging, trugen auch die Bobfahrer bei. Jean Wicki als Pilot holte sich im Zweier-Schlitten mit dem Zweimeter-Leichtathleten Edy Hubacher die bronzene Auszeichnung, bevor er im Vierer-Bob, nochmals mit Edy Hubacher sowie mit Hans («Hausi») Leutenegger und Werner Camichel, zur Gold-Fahrt ansetzte. Nach dieser erfolgreichen Bob-Karriere mutierte Pilot Jean Wicki zu einem wohlhabenden Geschäftsmann. Dann ereilte ihn ein tragisches Schicksal. Der 1933 geborene Sympathieträger mit Westschweizer Charme litt in seiner letzten Lebensphase an starker Demenz. 2023 starb Jean Wicki 90jährig. Zwar wurde vor seinem Tod alles vorgekehrt, damit die Geschäfte und familiären Belange vor allem in die Hände der Ehefrau des Ex-Bobpiloten gelegt werden konnten. Doch die Regelung missriet, und die aktuelle Situation um Familiäres und Pekuniäres im Hause Wicki scheint derzeit desaströs, wie kürzlich Medienberichten zu entnehmen war. Dies, nachdem sich die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einzumischen begann. Irrungen und Wirrungen mit dieser Behörde, welche der Ehefrau von Jean Wicki unter mysteriösen Umständen praktisch die Handlungsfähigkeit nahm und einen Vorsorgeauftrag, den Jean Wicki noch zugunsten seiner Ehefrau errichtet hatte, praktisch ausser Kraft setzte, nachdem man ihr weitgehend die Urteilsfähigkeit abgesprochen hatte. Anwälte, Treuhänder, Berater und Parasiten aller Art brachten, offenbar mit KESB-Unterstützung und in einem verwirrlichen Behörden-Dickicht, die Familie und die Hinterbliebenen von Jean Wicki um Vermögen und den (Familien-) Frieden auf Erden.

Man wünschte sich in dieser traurigen Geschichte, dass wenigstens das Sport-Idol Jean Wicki nach seinem Tod die verdiente, ewige Ruhe gefunden hat.