Schlagwort-Archive: Casino

Casino-Geschäft zwischen Geld und Geist

causasportnews / Nr. 1088/12/2023, 9. Dezember 2023

Photo by Pixabay on Pexels.com

(causasportnews / red. / 9. Dezember 2023) Seit Monaten herrschte Hochspannung, nun ist es seit Ende November offiziell: Die Schweizerische Landesregierung hat für die Periode 2025 bis 2044 die Konzessionen für den Glücksspielbetrieb in der Schweiz erteilt. Die aktuell gültigen Zulassungen laufen Ende des nächsten Jahres ab. An 22 Standorten kann ab übernächstem Jahr in Casinos gespielt werden; 12 Casinos dürfen ab dann Onlinespiele (darunter auch Sportwetten) im Internet anbieten, soviel wie noch nie zuvor (und seit dem Inkrafttreten des Geldspielgesetzes, BGS, im Jahr 2019), was zu mehr Wettbewerb führen wird. Insgesamt wurden 29 Lizenz-Gesuche eingereicht; gegen den Entscheid des Bundesrates stehen keine Rechtsbehelfe zur Verfügung. Die Casino-Landschaft in der Schweiz wird sich demnach alles in allem künftig nicht stark verändern, obwohl der Spielbanken-Markt eine sanfte Erweiterung erfährt. In Lausanne und in Winterthur werden ab 2025 zwei neue Spielbanken ihre Betriebe aufnehmen; das Casino in Schaffhausen wird dann hingegen schliessen. Keine Konzessionen haben fünf Gesuchsteller erhalten (Oftringen, Romanel-sur-Lausanne, St. Gallen, Sion, Martigny-Combe). Die Heterogenität dieses Marktes verlangt trotz langjähriger Konzessions-Vergaben nach kontinuierlichen Neubeurteilungen. Bis 2028 wird die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) der Landesregierung einen «Casinolandschaftsbericht» vorzulegen haben, um zukunftsgerichtet allfällige Neubeurteilungen vorzunehmen. Die eingeräumten Casino-Zulassungen können allerdings grundsätzlich nicht vorzeitig entzogen werden.

Die Heterogenität dieses nicht ganz unsensiblen Marktes zeigte sich nach Bekanntgabe der Neukonzessionierungen: Die Casino-Branche ist mit dem Ergebnis der bundesrätlichen Entscheidungen durchwegs zufrieden, gelingt es doch, den Geldspielmarkt künftig auszubauen. Seitens der Landesregierung wird hinter vorgehaltener Hand ein besonderer Aspekt der aktuellen Konzessionierung hervorgehoben: Die öffentliche Hand kann mit weit höheren Steuerabgaben rechnen, und auch die finanziell notleidende Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) darf sich auf grössere Erträge aus dem Casino-Business freuen. Auf der anderen Seite warnen die Skeptiker insbesondere vor der Ausweitung der Spielsucht. Gerade dieses Geschäfts-Segment befindet sich wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig im Spannungsfeld von Geld (pekuniäre Seite) und Geist (volksgesundheitliche und ethische Aspekte). Was an sich keine Errungenschaft der Moderne ist, denn schon 1843 entflammten entsprechende Diskussionen, als Jeremias Gotthelf (mit bürgerlichem Namen Albert Bitzius) seinen auch heute noch lesenswerten Roman «Geld und Geist» veröffentlichte. Es ist natürlich ein reiner Zufall, dass jenes Milieu, in dem der Roman spielt, auf die Neuzeit übertragen lässt, denn der Präsident des Schweizerischen Casinoverbandes ist kein Geringerer als der «Mitte» (ehemals CVP)-Präsident Gerhard Pfister, dem neuerdings sogar Bundesrats-Ambitionen nachgesagt werden. Mehr dazu und ob die Wahl-Kugel auf den biederen Zuger Lehrer und Politiker fällt, erfährt die Welt dann am 13. Dezember 2023, wenn die Landesregierung neu gewählt wird.

Zum vieldiskutierten Thema «Netzsperren» sei an dieser Stelle auf Causa Sport digital 3/2023 hingewiesen. Es wird das Urteil des Bundesgerichts vom 18. Mai 2022, BGE 148 II 392 ff., wiedergegeben und kommentiert: «Verfassungsmässigkeit von Netzsperren von ausländischen Online-Geldspielangeboten in der Schweiz».

Mehr Suchtpotential bei online-Sportwetten?

causasportnews / Nr. 1045/08/2023, 9. August 2023

Photo by Pavel Danilyuk on Pexels.com

(causasportnews / red. 9. August 2023) online-Sportwetten sind beliebt, aber auch nicht vorbehaltsfrei unproblematisch. Die Sportveranstalter, dazu sind teils auch die Sportverbände zu zählen, sehen in dieser Spielart die Integrität des sportlichen Wettkampfbetriebs gefährdet. Mit Blick auf die Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland sah sich der Weltfussballverband (FIFA) beispielsweise veranlasst, im Zusammenhang mit Sportwetten ein umfassendes (Früh-)Warnsystem zu betreiben (und hierfür eine spezialisierte Unternehmung zu gründen, die Gesellschaft «Early Warning System GmbH»), um allfällige, besondere Vorkommnisse anlässlich der WM-Spiele feststellen und Ungemach abwenden zu können. Nach dem Fall des von der Wettmafia bestochenen Schiedsrichters Robert Hoyzer, ein Skandal, der Deutschland 2005 erschütterte, wollte der Weltverband am WM-Austragungsort Deutschland keinerlei Risiken eingehen und kehrte für den Integritätsschutz bezüglich des sportlichen Geschehens alles Denkbare und Mögliche vor. Geprägt wurde der Begriff «Sportwetten-Betrug», wobei evident ist, dass hier nicht die Sportwette an sich betrugs-anfällig war, sondern der Sport selber. Das ist auch aktuell noch so, und heute, wie damals, bilde(te)n die sog. «Live-Wetten» das signifikante Problem. Wetten, die während eines Fussballspiels getätigt werden können, machen einen besonderen Integritätsschutz mit Blick auf den sportlichen Wettbewerb notwendig. Derartige Wetten sind vielfältig; so kann z.B. während eines laufenden Spiels darauf gewettet werden, ob und in welcher Minute ein Elfmeter gepfiffen oder eine rote Karte gezeigt wird, ob ein Spiel in die Verlängerung geht und wann und welcher Spieler des Feldes verwiesen wird. Im Umfeld des Sportes existieren natürlich auch geradezu perverse Wetten, etwa, wann und wo der nächste Trainer entlassen wird, in welchem Radrennen sich der nächste, tödliche Unfall ereignet und ob im Rahmen einer Extrem-Bergbesteigung eine Seilschaft wieder vollzählig zurückkehrt. Derartige Wetten werden praktisch ausschliesslich im illegalen Bereich angeboten.

Spezielle Sportwetten-Dimensionen gibt selbstverständlich der online-Sportwetten-Markt ab. Dieser Business-Zweig hat im internationalen Kontext gewaltige Dimensionen erreicht. Zu einem grossen Teil sind diese Wetten illegal und werden weltweit von auch in dieser Hinsicht von als liberal bekannten Ländern (in Europa z.B. Malta, Zypern, Gibraltar) aus angeboten, weitgehend über das Internet. Das online-Sportwetten-Geschäft lief deshalb bis vor kurzem an der Schweiz vorbei und fand ausschliesslich im Ausland oder vom Ausland aus statt. Seit rund drei Jahren sind in der Schweiz auch online-Casinos zugelassen; die Spiel-Variante wird von etwa der Hälfte der Casinos angeboten. Damit ist es möglich geworden, über die Schweiz im Sportwetten-Geschäft aktiv mitzuwirken, was bedeutet, dass dieses Business der Illegalität entzogen worden ist. Doch wo Freude herrscht, ziehen meistens auch düstere Wolken auf. Weil die Sportwetten in der Schweiz sehr beliebt geworden sind, ist dadurch auch das Spielsucht-Risiko gestiegen. Live-Sportwetten weisen gemäss einer von der Eidg. Spielbankenkommission in Auftrag gegebenen Studie ein ähnlich hohes Suchtpotential auf wie die Automatenspiele in den Casinos. Die gesetzlich vorgeschriebene Bekämpfung der Spielsucht, auch bei online-Sportwetten, gestaltet sich in der Praxis offenbar schwierig. Zwar können auch im Sportwetten-Bereich Spielsperren gegenüber Spielsüchtigen verhängt werden, doch in diesen Fällen wandern die Betroffenen nicht selten ins Ausland und in den illegalen Sportwetten-Markt ab. Der Nutzen von Spielsperren im Rahmen der Suchtprävention ist zumindest umstritten.

So wird weiterhin relativ unkontrolliert und hilflos mit Blick auf die Suchtbestrebungen der Player im Markt und aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auf sportliche Sachverhalte gewettet. Nicht verifizierbar ist der Wett-Typus bezüglich des Schweizer Fussball-Nationaltorhüters, Yann Sommer, soeben nach Italien «transferiert». Obwohl er mit dem FC Bayern München einen Arbeitsvertrag bis 2026 abgeschlossen hatte, gehört sein fussballerisches Wirken an der Isar bereits wieder der Vergangenheit an. Eine Wette darauf, wie lange es der bald 35jährige Schweizer, respektlos demontiert und desavouiert von Sachverständigen, Pseudo-Experten sowie misanthropischen Dumm-Schwätzern und Ignoranten, im Münchner Klub aushalten würde, ist zwar nicht belegt, wäre aber durchaus plausibel. Wer richtig vorausgesagt, bzw. darauf gewettet hätte, dass Yann Sommer bereits nach einem halben Jahr im wahrsten Sinne des Wortes real aus dem Schatten von Manuel Neuer, dem Torhüter, den der Schweizer zu ersetzen hatte (und dies unter den gegebenen Umständen nicht schlecht gemacht hat), heraustreten würde, wäre mit diesem Tip kaum reich geworden.