Schachverbot – weil im Spiel eine Frau den Ton angibt?

causasportnews.com – 47/ 2025, 22. Mai 2025

Photo by Pixabay on Pexels.com

(causasportnews / red. / 22. Mai 2025) Auf dem Schachbrett gibt eine Frau den Ton an, die «Dame». Sie ist bekanntlich die stärkste Figur im Schachspiel; und das bleibt ab und zu nicht ohne Folgen. Zum wiederholten Mal ist nun in Afghanistan das Schachspiel verboten worden. Es gebe religiöse Bedenken mit Bezug auf den Denksport im Banne der 64 Felder, verlautete aus Kreisen der afghanischen Sportdirektion. Das Land steht unter der Scharia, dem islamischen Rechtssystem, in dem die Frauen, milde ausgedrückt, höchstens eine zweite Rolle spielen (dürfen). Diese Anschauung steht eben im krassen Widerspruch zum Schachspiel, in dem eine Frau die stärkste Figur abgibt. Doch dies ist offenbar lediglich ein Vorwand, um das Schachspiel in Afghanistan zum wiederholten Male zu verbieten. Offiziell sieht die Sportdirektion im islamischen Staat und gestützt von den Taliban, religiöse Bedenken bezüglich des Brettspiels. Weil auf Schachspiele, bzw. auf Spielausgänge, gewettet werden kann, wird das Brettspiel als Glücksspiel qualifiziert. Diese sind jedoch gemäss Koran, die heilige Schrift des Islams, verboten. Inoffiziell verlautet, dass die Figur «Dame» das Problem bildet, nicht nur deshalb, weil sie sich (auf dem Brett) gleichsam in alle Richtungen, also einigermassen emanzipiert, bewegen kann.

Die «Dame» im Schach scheint eine europäische Erfindung zu sein. Die zentrale Figur dieser Frau, im Englischen «Queen» (Königin) genannt, soll nach Überlieferungen seit etwa 1000 Jahren im (Schach-)Spiel sein. Das etwa 1500 Jahre alte Brettspiel, heute eine anerkannte Sportart», hat den Ursprung in Indien und gelangte über Persien und die arabische Welt nach Europa. In zahlreichen Ländern, so eben auch in Afghanistan, verfügen die Frauen in der Realität über untergeordnete Bedeutungen. Die Brillanz oder die Bedeutung der Frau, oder eben der Dame, auf dem Brett, wird ein geradezu revolutionäres Potential zugeschrieben. Es muss alles verhindert werden, was ein Glücksspiel zur Realität werden lassen könnte. Dass in Afghanistan die Frau in der Gesellschaft wenig bis nichts, auf dem Brett aber sehr viel oder fast alles, bedeutet, manifestiert in eklatanter Weise den Widerspruch zwischen Realität und Spiel. Schach als Glücksspiel abzuqualifizieren und das Spiel zu verteufeln, ist deshalb nachvollziehbar. Der «Zufall» ist schliesslich der Ursprung alles Unseriösen – dicitur. Eines ist gewiss: Solange Schach unter der Ägide des Schach-Weltverbandes (FIDE – Fédération Internationale des Échecs) ist eine starke Frau mit von der Partie. Auf dem Brett gibt sie den Ton an. Auch in Afghanistan; oder eben dort vorzugsweise nicht…

Hinterlasse einen Kommentar