Mehr Suchtpotential bei online-Sportwetten?

causasportnews / Nr. 1045/08/2023, 9. August 2023

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(causasportnews / red. 9. August 2023) online-Sportwetten sind beliebt, aber auch nicht vorbehaltsfrei unproblematisch. Die Sportveranstalter, dazu sind teils auch die Sportverbände zu zählen, sehen in dieser Spielart die Integrität des sportlichen Wettkampfbetriebs gefährdet. Mit Blick auf die Fussball-WM-Endrunde 2006 in Deutschland sah sich der Weltfussballverband (FIFA) beispielsweise veranlasst, im Zusammenhang mit Sportwetten ein umfassendes (Früh-)Warnsystem zu betreiben (und hierfür eine spezialisierte Unternehmung zu gründen, die Gesellschaft «Early Warning System GmbH»), um allfällige, besondere Vorkommnisse anlässlich der WM-Spiele feststellen und Ungemach abwenden zu können. Nach dem Fall des von der Wettmafia bestochenen Schiedsrichters Robert Hoyzer, ein Skandal, der Deutschland 2005 erschütterte, wollte der Weltverband am WM-Austragungsort Deutschland keinerlei Risiken eingehen und kehrte für den Integritätsschutz bezüglich des sportlichen Geschehens alles Denkbare und Mögliche vor. Geprägt wurde der Begriff «Sportwetten-Betrug», wobei evident ist, dass hier nicht die Sportwette an sich betrugs-anfällig war, sondern der Sport selber. Das ist auch aktuell noch so, und heute, wie damals, bilde(te)n die sog. «Live-Wetten» das signifikante Problem. Wetten, die während eines Fussballspiels getätigt werden können, machen einen besonderen Integritätsschutz mit Blick auf den sportlichen Wettbewerb notwendig. Derartige Wetten sind vielfältig; so kann z.B. während eines laufenden Spiels darauf gewettet werden, ob und in welcher Minute ein Elfmeter gepfiffen oder eine rote Karte gezeigt wird, ob ein Spiel in die Verlängerung geht und wann und welcher Spieler des Feldes verwiesen wird. Im Umfeld des Sportes existieren natürlich auch geradezu perverse Wetten, etwa, wann und wo der nächste Trainer entlassen wird, in welchem Radrennen sich der nächste, tödliche Unfall ereignet und ob im Rahmen einer Extrem-Bergbesteigung eine Seilschaft wieder vollzählig zurückkehrt. Derartige Wetten werden praktisch ausschliesslich im illegalen Bereich angeboten.

Spezielle Sportwetten-Dimensionen gibt selbstverständlich der online-Sportwetten-Markt ab. Dieser Business-Zweig hat im internationalen Kontext gewaltige Dimensionen erreicht. Zu einem grossen Teil sind diese Wetten illegal und werden weltweit von auch in dieser Hinsicht von als liberal bekannten Ländern (in Europa z.B. Malta, Zypern, Gibraltar) aus angeboten, weitgehend über das Internet. Das online-Sportwetten-Geschäft lief deshalb bis vor kurzem an der Schweiz vorbei und fand ausschliesslich im Ausland oder vom Ausland aus statt. Seit rund drei Jahren sind in der Schweiz auch online-Casinos zugelassen; die Spiel-Variante wird von etwa der Hälfte der Casinos angeboten. Damit ist es möglich geworden, über die Schweiz im Sportwetten-Geschäft aktiv mitzuwirken, was bedeutet, dass dieses Business der Illegalität entzogen worden ist. Doch wo Freude herrscht, ziehen meistens auch düstere Wolken auf. Weil die Sportwetten in der Schweiz sehr beliebt geworden sind, ist dadurch auch das Spielsucht-Risiko gestiegen. Live-Sportwetten weisen gemäss einer von der Eidg. Spielbankenkommission in Auftrag gegebenen Studie ein ähnlich hohes Suchtpotential auf wie die Automatenspiele in den Casinos. Die gesetzlich vorgeschriebene Bekämpfung der Spielsucht, auch bei online-Sportwetten, gestaltet sich in der Praxis offenbar schwierig. Zwar können auch im Sportwetten-Bereich Spielsperren gegenüber Spielsüchtigen verhängt werden, doch in diesen Fällen wandern die Betroffenen nicht selten ins Ausland und in den illegalen Sportwetten-Markt ab. Der Nutzen von Spielsperren im Rahmen der Suchtprävention ist zumindest umstritten.

So wird weiterhin relativ unkontrolliert und hilflos mit Blick auf die Suchtbestrebungen der Player im Markt und aufgrund der gesetzlichen Vorgaben auf sportliche Sachverhalte gewettet. Nicht verifizierbar ist der Wett-Typus bezüglich des Schweizer Fussball-Nationaltorhüters, Yann Sommer, soeben nach Italien «transferiert». Obwohl er mit dem FC Bayern München einen Arbeitsvertrag bis 2026 abgeschlossen hatte, gehört sein fussballerisches Wirken an der Isar bereits wieder der Vergangenheit an. Eine Wette darauf, wie lange es der bald 35jährige Schweizer, respektlos demontiert und desavouiert von Sachverständigen, Pseudo-Experten sowie misanthropischen Dumm-Schwätzern und Ignoranten, im Münchner Klub aushalten würde, ist zwar nicht belegt, wäre aber durchaus plausibel. Wer richtig vorausgesagt, bzw. darauf gewettet hätte, dass Yann Sommer bereits nach einem halben Jahr im wahrsten Sinne des Wortes real aus dem Schatten von Manuel Neuer, dem Torhüter, den der Schweizer zu ersetzen hatte (und dies unter den gegebenen Umständen nicht schlecht gemacht hat), heraustreten würde, wäre mit diesem Tip kaum reich geworden.