causasportnews / 1212/12/2024, 19. Dezember 2024

(causasportnews / red. / 19. Dezember 2024) Vor allem im Kanton und in der Region Bern spricht man von einem «Chrüsimüsi», wenn ein heilloses Durcheinander gemeint ist. Das Idiotikon, das Verzeichnis erklärungsbedürftiger Ausdrücke, erwähnt in diesem Zusammenhang die Wortbildung «Krusimusi» und setzt den Ausdruck mit «allerlei krausem Zeug» gleich. Zentral ist an diesem Mundart-Begriff jedenfalls die Stossrichtung; «Chrüsimüsi» wird eben gleichgesetzt mit einem heillosen Durcheinander.
Ein «Chrüsimüsi» mit vereinsrechtlicher-sportlicher Gewichtung gibt derzeit eine Diskussion in Bern ab. Es geht dabei um die Kletter-Weltmeisterschaft, die 2023 in der Schweizer Hauptstadt stattfand. Die vor allem wirtschaftlichen Folgen dieses Anlasses belegen, dass insbesondere in dieser Sparte nicht nur an der Kletterwand ein Durcheinander entstehen kann, jedoch auch im organisatorischen Rahmen eines solchen Anlasses. Die Weltmeisterschaft wurde sportlich als hervorragend qualifiziert. Jedoch scheinen die organisatorischen Belange und insbesondere die wirtschaftlichen Belange des Anlasses krass aus dem Ruder gelaufen zu sein. Für die Organisation dieses internationalen Wettbewerbs zeichnete nicht etwa ein Freizeit-Komitee von verklärten Idealisten verantwortlich, sondern immerhin der Leader-Verband für Bergsport in der Schweiz, der Schweizer Alpen-Club, ein Verein gemäss Art. 60 ff. des schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB). Unter dem SAC-Dach und in einer Vielzahl von Vereinen, Unter-Vereinen und Sektionen frönen in der Schweiz gegen 180’000 Menschen dem Berg- und Klettersport. Der SAC ist auch wirtschaftlich äusserst engagiert. Über ein Netz mit 110 Sektionen betreibt der Verein 153 Berghütten in den Schweizer Bergen. Der Club gilt als etablierte, bestens strukturierte und gut aufgestellte sowie solide kapitalisierte Organisation, die immerhin seit 1863 existiert (der Verein ist also nach «altem Recht» lange vor dem Inkrafttreten des ZGB im Jahre 1912, gegründet worden). Deshalb erstaunte die Meldung, dass die Kletter-WM in Bern vom letzten Jahr mit einem Verlust von 1,7 Millionen Franken endete. Dass eine solche Meisterschaft, insbesondere in einer Randsportart, mit einem finanziellen Negativ-Ergebnis abgeschlossen werden muss, ist an sich nichts Aussergewöhnliches. Dass dies bei einem Top-Verband, wie es der SAC zweifelsfrei ist, geschehen kann, erstaunt allerdings schon eher. Offensichtlich sind bereits Fehler bei der Planung des WM-Anlasses vorgekommen. Die Budgetierungen haben sich zudem als nicht sehr realitätsbezogen herauskristallisiert. Die Budget- und Finanzkontrollen seien nicht sehr professionell gewesen, verlautete seitens des SAC. In personeller Hinsicht sei das für die Durchführung dieser Weltmeisterschaft gebildete OK des SAC zudem überfordert gewesen.- Die Gründe des Finanz-Debakels sind vielfältig und vielschichtig. Zur Aufarbeitung dieser unschönen Seite des WM-Projektes – es wird in Bern von einem «Chrüsimüsi» gesprochen – ist eine externe Anwaltskanzlei beigezogen worden. Ohne allen Ergebnissen vorgreifen zu wollen, scheinen eine Vielzahl von Einzelfaktoren und vor allem menschliches Fehlverhalten zu diesem tristen Ende der Kletter-WM 2023 geführt zu haben. Es scheint evident zu sein, dass nicht die oft hinterfragte und kritisierte Rechtsform des Vereins, die im SAC bestens funktioniert, dazu geführt hat, dass das WM-Projekt finanziell aus dem Ruder lief. Vielmehr kann «es» auch in bestens organisierten Vereinen und Verbänden geschehen, dass nicht alles wie gewünscht verläuft, vor allem, wenn der «Unsicherheits-Faktor Mensch» ins Spiel kommt.
Konkret hat durch den Verlust einzig die SAC-Kasse gelitten. Gemäss dem Verband ist das Defizit aber vollständig vom Verein übernommen worden. Der SAC hat letztlich im Rahmen des Vereins die (finanzielle) Verantwortung übernommen. Im kommenden Sommer soll in Bern ein weiterer, internationaler Kletter-Anlass (Weltcup) durchgeführt werden. Zumindest im Moment will der SAC die Finger davon lassen, obwohl er offenbar nicht ganz abgeneigt ist, an diesem Anlass mitzuwirken. Merke: Ein Fehler ist erst dann ein Fehler, wenn man ihn zweimal macht.
(Vgl. zu diesen und ähnlichen Themenbereichen: Urs Scherrer, Was ist los mit unseren Vereinen und Verbänden?, in: Schweizerische Juristen-Zeitung (SJZ), Schulthess Juristische Medien AG Zürich, 21/2024, 1. November 2024, 955 ff.)
