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Muss es denn immer «Red Bull» sein?

causasportnews / Nr. 1102/01/2024, 21. Januar 2024

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(causasportnews / red. / 21. Januar 2024) Wie betitelte der am Neujahrstag 2009 in Luzern verstorbene Bestseller-Autor Johannes Mario Simmel einen seiner berühmtesten Romane? Klar: «Es muss nicht immer Kaviar sein». Wirklich nicht? So fragte sich das Publikum nach der Lektüre des 1960 erschienenen Erfolgsromans. Die Thematik steht bis heute unbehandelt im Raum; die Frage ist nach wie vor ungeklärt. Allerdings erfährt die Fragestellung heute in anderem Zusammenhang eine spezielle Aktualität. Zum Beispiel im alpinen Skisport. Da halten die Athletinnen und Athleten bei Interviews demonstrativ und aufdringlich vor allem Soft-Drinks in die TV-Kameras. Sie tun das gegen Geld («pecunia non olet») und suggerieren durchwegs, dass sie sich mit den den mittelbar Zuschauenden entgegengestreckten Produkten identifizieren. Es ist dies letztlich allerdings eine platte Schleichwerbung durch Produkteplatzierung.

Zum Beispiel «Red Bull». Überall wo es kracht, knallt und unbeschwerte Lifestyle-Fröhlichkeit zelebriert wird, ist der Österreichische Getränkekonzern dabei, am aktuellen Rennwochenende in Kitzbühel natürlich auch flächendeckend (vgl. die Abfahrt vom Samstag; «Red Bull» ist schliesslich ein Österreichisches Produkt). Vor allem sind die besten Sportlerinnen und Sportler Werbeträger des Getränks, das für Gesundheit, ewiges Leben, Glückseligkeit und aufbauenden Koffeingenuss steht. Wenn die Brause-Macher des verstorbenen Marketing-Genies Dietrich Mateschitz aus Fuschl am See mit offensichtlich unbeschränkten Werbegeldern locken, verleiht dies auch den stärksten Charakteren «Flügel» (Werbe-Slogan), die Garanten sind, um in andere, bessere Sphären zu entfliehen. So war und ist es auch beim Schweizer Ski-Überflieger Marco Odermatt, der durch ausserordentliche Leistungen die werbliche Basis dafür gelegt hat, dass ihm «Red Bull» nun zu geradezu goldenen Flügeln verhilft. Dass der 26jährige Innerschweizer mit dem Kopfsponsor «Red Bull» auftritt, wird ihm noch nachgesehen, aber dass er nun die aggressive Produkteplatzierung in den Zielgeländen mitmacht, kostet ihm zwar kaum Sympathien, aber Verständnis hierfür hat aber eigentlich auch kaum jemand. Denn die gekünstelt platzierte Dose bei den Interviews auf Mikrofonhöhe beginnt zu nerven. Die Medien murren deswegen, wenn auch zurückhaltend; schliesslich will niemand die eigenen, medialen Werbeeinnahmen durch «Red Bull» gefährden.

Grundsätzlich findet der Sport in einem Werbeumfeld statt, das heute niemanden mehr gross ärgert und emotional in den Abgrund reisst. Das war vor Jahrzehnten ganz anders. Als die Scientologen-Sekte einst in der Formel 1 werblich mit «Dianetik» in Erscheinung treten wollte, wurde das Ansinnen der Jünger von L. Ron Hubbard, welche die religiöse Herrschaft über die Welt anstreben wollten, gleich im Keime erstickt. Das half auch Tom Cruise («Top Gun») nicht weiter. Noch dramatischer war es, als Beate Uhse (gestorben 2001) der Menschheit die Lust an der Liebe und am Sex auf sportlichen Werbeplattformen näher zu bringen gewillt war. Diese Disziplinen hatten mit Sport schliesslich nichts – oder wenig – zu tun; vor allem nicht in der Öffentlichkeit, und schon gar nicht in der Werbung.

Was sagen letztlich die Rechtsgelehrten zur neusten Produkteplatzierungs-Kampagne insbesondere von «Red Bull» in den Zielräumen im alpinen Skisport? Die ARD-Juristen halten solches Tun schlicht für unzulässig. Toleranter geben sich die Schweizer und Österreicher. Nicht von ungefähr. Deutschland repräsentiert insbesondere ein Volk der Dichter, Denker, Biathleten sowie Dart- und Handball-Spieler. Mit den Alpin-Skinationen Schweiz und Österreich («Red Bull»-Land) kann sich Deutschland in der Tat nicht messen. Deshalb ist die Einschätzung der Staatssender ARD und ZDF zu dieser Form von Schleichwerbung durch Produkteplatzierung nachvollziehbar. Und wie begründen Schweizer Juristen diesen Genie-Streich aus den modernen Werbe-Küchen? Es würden die Athletinnen und Athleten so abgebildet, wie sie vor die Kameras treten – mit oder ohne «Red-Bull»-Büchsen. Nichts anderes. Jedermann darf sich also auch seine juristische Wahrheit nach seinem Gusto zurechtzimmern. Konklusion: Es muss ja auch nicht immer «Red Bull» sein, vor allem nicht im alpinen Skisport. «Flügel» brauchen vor allem die Skispringer, die aber sportlich eher «unter ferner liefen» ihren Sport ausüben. Von den in Deutschland hochgejubelten «Bundesadlern» gibt es auch immer weniger. Ihre Flügel bleiben seit Jahren lahm. Eine Besserung wäre nicht einmal aus Österreich durch das Klamauk-Getränk «Red Bull» zu erwarten.