causasportnews.com – 116/2025, 18. Dezember 2025

(causasportnews / red. / 18. Dezember 2025) Vor ziemlich genau 30 Jahren, am 15. Dezember 1995, platzte in Europa eine sport-juristische «Bombe», die den organisierten Fussball in Europa nachhaltig veränderte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied in einem Vorabentscheidungsverfahren zu Gunsten des belgischen Berufs-Fussballspielers Jean-Marc Bosman und erkannte im konkreten Fall, dass die im Gemeinschaftsrecht (Art. 48 des EWG-Vertrages; heute Unionsrecht) verankerte Arbeitnehmerfreizügigkeit des Fussball-Professionals verletzt worden sei. Gewichtiger als diese Entscheidung des EuGH vom 15. Dezember 1995 (Rs. C-415/93, Slg. 1995 I-4921) im konkreten Fall wog der Umstand, dass das internationale Transfersystem im Fussball durch dieses Gerichtsurteil zur Makulatur wurde, und dies letztlich nicht nur im EU-Raum. Der in Zürich domizilierte Internationale Fussballverband (FIFA) und vor allem der Europäische Fussballverband (UEFA) mit Sitz in Nyon bei Genf sahen sich im Nachgang zum «Fall Jean-Marc Bosman» gezwungen, das internationale Transfersystem im Fussball zu ändern und das Spannungsfeld zwischen Arbeits- und Transferrecht zu entschärfen. Dies war insofern bemerkenswert, weil bis zum Urteil des EuGH in der «Causa Bosman» die genannten Verbände warnende Stimmen seitens der Rechtswissenschaft bezüglich des damals geltenden Transfersystems in den Wind schlugen und darauf vertrauten, dass keine Gerichte dieser Welt der FIFA und der UEFA, zwei Verbände ausserhalb der EU, juristisch etwas anhaben konnten. Bis zum Entscheid aus Luxemburg war es möglich, dass ein Fussball-Professional trotz eines beendeten Arbeitsvertrages seinen (ehemaligen) Klub und Arbeitgeber nur gegen Bezahlung einer Ablösesumme (Transferzahlung) an den ehemaligen Arbeitgeber des Spielers verlassen konnte und zu einem neuen Klub (Arbeitgeber) wechseln durfte. Diese «Freigabe» für einen wechselwilligen Spieler wurde vom abgebenden Klub nur erteilt, falls ein Konsens der beiden an einem Transfer beteiligten Klubs über die Bezahlung einer reglementarisch, verbandsrechtlich festgelegten Ablösesumme erzielt wurde. Kam eine solche Einigung nicht zustande, konnten die involvierten Verbände die Erteilung der Transfer-Freigabe grundsätzlich verweigern; der Spieler durfte mit dem neuen Klub arbeitsvertraglich nicht kontrahieren. Das Kernstück des Urteils aus Luxemburg bildete der Umstand, dass u.a. die Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt und ein wechselwilliger Spieler diskriminiert werde, falls sich ein Berufs-Fussballspieler nach beendetem Arbeitsvertrag einen neuen Klub (Arbeitgeber) suchen wollte (vgl. zu den Details des Falles des belgischen Professionals Jean-Marc Bosman u.a. Urs Scherrer / Remus Muresan / Kai Ludwig, Sportrecht, Eine Begriffsbestimmung, 3. Auflage, 2014, 69 ff.). Mit der Entscheidung des Luxemburger Gerichtshofs zu Gunsten des belgischen Akteurs wurde das Ende des «Freigabe-Systems» im Fussball eingeläutet. Dies bedeutete eben, dass ein Fussballspieler bei beendetem Arbeitsvertrag grundsätzlich nicht am Übertritt zu einem anderen Arbeitgeber gehindert werden konnte und ein solcher Transfer auch nicht mehr durch bis dahin reglementarisch vorgesehene Ablösezahlungen zu verhindern war. Der Entscheid aus Luxemburg veranlasste die Sportverbände insbesondere in Europa, aber auch weltweit (die FIFA musste also Folge des Urteils das Transfersystem global harmonisieren), die bis dahin geltenden, jedoch das Freizügigkeitsrecht verhindernden und verletzenden Verbandsbestimmungen aufzuheben. Seither und bis heute gelten die unisono angewendeten Bestimmungen zu den Ausbildungsentschädigungen. Kein sport-juristischer Vorgang nach 1995 und bis heute verfügte über eine derartige Sprengkraft wie damals der «Fall Jean-Marc Bosman», der als «sport-juristische Bombe» in die Sportgeschichte einging. Der belgische Fussball-Professional, der sportlich nicht gerade als «Überflieger» galt, machte sich mit seinem erfolgreichen Gang bis zum EuGH jedenfalls unsterblicher als noch so berühmte Stars der Fussball-Szene, die Juristenfutter abgaben. Auch heute noch wird der «Fall Jean-Marc Bosman» bemüht, wenn ein spektakulärer Gerichtsfall ins Haus steht. In den Medien wird dies dann etwa so vermeldet: «Ein neuer ‘Fall Bosman’ im Sport?».





