causasportnews.com – 99/2025, 28. Oktober 2025

(causasportnews / red. / 28. Oktober 2025) Geht es um Sport und um sportliche Leistungen, finden diese Aktivitäten oft einfach statt, man nimmt die erbrachten Leistungen zur Kenntnis und fragt sich vielleicht: «War das notwendig?». Eher selten oder kaum wird die Sinnfrage gestellt. Exzesse im Sportbereich oder skurrile, sportliche Aktivitäten gab und gibt es immer wieder – ohne den Sinn der Betätigungen zu hinterfragen.
Über Sinn und Unsinn des Apnoetauchens scheiden sich bspw. die Geister. Hinterfragt wird dieses sog. Freitauchen jedoch kaum, auch dann nicht, wenn es um Rekorde oder um Todesfälle beim Apnoetauchen geht. Die Disziplin Einbeinstand dient nicht nur der Gleichgewichtsschulung, sondern ergötzte das Publikum in der antiken Sportwelt; etwa, wenn die «Athleten» in dieser Ausdauersportart körperliche und wohl auch psychische Schäden nahmen (vgl. dazu die Geschichte vom abfaulenden Bein beim Einbeinstand). Wer weiss schon, dass Standhochsprung und Hirschschiessen (dabei wurde natürlich nicht auf lebende Tiere geschossen) olympische Disziplinen waren, für die es heute keine Olympia-Medaillen mehr zu gewinnen gibt. Nicht als sportlich unbedarft dürfen moderne Menschen bezeichnet werden, die unwissend sind, was die ehemals olympische Disziplin (!) «Pelota» angeht. Wer weiss schon, was darunter verstanden werden soll? Es ist ein Rückschlagspiel baskischen Ursprungs, das in Zweierteams gespielt wird und bei dem ein Ball heftig gegen eine Wand gedroschen wird.
Soll bei solchen und anderen speziellen Disziplinen die Sinnfrage gestellt werden? An dieser Stelle darf die Frage zweifelsfrei unbeantwortet bleiben. Doch sind entsprechende Gedanken erlaubt, wenn Schlagzeilen dieser Art zur Kenntnis genommen werden, wie nach dem 16. Oktober 2025, als flächendeckend medial vermeldet wurde: «Erster Mensch bezwang auf Ski das Hornbein-Couloir am Mount Everest». Man muss wissen, dass dieses Couloir (ein Couloir ist eine oft mit Eis und Schnee gefüllte Rinne an einem Berghang oder an einer Bergwand) an der Nordwand des höchsten Berges der Welt extrem steil (50 Grad) ist. US-Alpinist Jim Morrison hat das Kunststück gewagt und dieses Couloir, das nach dem Erstbegeher Tom Hornbein benannt ist, mit Ski befahren. Dies schaffte noch kein Mensch zuvor. Bei Minustemperaturen um 27 Grad setzte der 50jährige Alpinist vom Gipfel des Everest zur Abfahrt hinunter zum 2700 Meter tiefer liegenden Rongbuk-Gletscher an. Ein Stück musste der verwegene Abfahrer zwischendurch ohne Ski zurücklegen, weil ein Gewaltsfelsen die Skiabfahrt in diesem Teilstück verunmöglichte. Während rund vier Stunden war der US-Alpinist im Hornbein-Couloir unterwegs. Es war sein dritter Versuch, dieses brutal steile Stück am Everest per Ski zu meistern. Als erster Mensch! Ob der Athlet bei seiner Abfahrt Sauerstoff benutzt hatte, ist bis jetzt nicht bekannt gegeben worden. Etliche Alpinisten hatten vor Jim Morrison (hier natürlich nicht zu verwechseln mit dem 1971 verstorbenen Frontmann der Rockgruppe «The Doors») versucht, dieses Steilstück an der Nordwand des Everest zu bezwingen. Niemand schaffte es vor dem US-Amerikaner, und einige der Alpinisten, die es vor Jim Morrison versuchten, bezahlten ihre Risikobereitschaft mit dem Leben.
Zu guter Letzt bleibt die Beantwortung der Frage: Macht so etwas Sinn? Der Extrem-Alpinist würde nach dem gelungenen Unterfangen am Everest wohl mit einer Gegenfrage antworten: «Wie sinnvoll ist es, beispielsweise Speed-Rekorde in den Bergen anzupeilen?». Die Sinnfrage hat er vor seiner tollkühnen Abfahrt selbstverständlich nicht gestellt. Sie wurde ihm nun aber nach der Steil-Abfahrt im Hornbein-Couloir ab und zu gestellt.
