causasportnews.com – 98/2025, 26. Oktober 2025

(causasportnews / red. / 26. Oktober 2025) Zu behaupten, die Schach-Welt und alles drum herum sei kein besonderes Universum, ist wohl eine gewaltige Untertreibung. Schach-Spielerinnen und -Spieler haben oft mehr als Macken, sie bewegen sich immer wieder zwischen Genialität und Wahnsinn. Ab und zu enden sie tragisch. Wie jetzt der US-Grossmeister Daniel Naroditsky, einer der besten Spieler der jungen Generation. Kurz vor seinem 30. Geburtstag am 9. November des nächsten Monats starb das Schach-Multi-Talent unter noch nicht geklärten Umständen. Seine Leiche wurde in seinem Haus in Charlotte, North Carolina, entdeckt. Die Untersuchungen zur Klärung der Todesursache des wohl bekanntesten und besten Blitz- und Bullet-Schachspielers der Gegenwart dauern an. Hat sich der Schachspieler, der im Alter von knapp 12 Jahren U12-Schachweltmeister und 18jährig Grossmeister wurde, aus eigenem Willen von dieser Welt verabschiedet oder trugen äussere Umstände dazu bei, dass das Leben des erfolgreichen Spielers für diesen unerträglich wurde?
Die Schachwelt ist bestürzt, seit die Todesnachricht des knapp 30jährigen Schach-Besessenen bekannt wurde. Daniel Naroditsky war umgänglich, äusserst beliebt und galt als Brückenbauer zwischen den Generationen. Sein erstes Schachbuch veröffentlichte er mit 14 Jahren, über 600 000 Menschen verfolgten seine Analysen und «Speedrun»-Formate auf «Youtoube» und «Twitch». Mit seiner didaktischen Klarheit fesselte er nicht nur Schach-Insider. Vielleicht wurde der besonnene US-Amerikaner auch ein Opfer von Spannungen und unschönen Vorkommnissen, welche in der Schach-Szene mit modernen Spielvarianten seit Jahren üblich sind. Die Streitigkeiten zwischen Schach-Weltmeister Magnus Carlsen und dem US-Grossmeister Hans Moke Niemann wirken beispielsweise immer noch nach (vgl. u.a. auch causasportnews vom 23. Oktober 2022). Nun steht ein ehemaliger Schach-Weltmeister, Wladimir Kramnik, der von 2000 – 2007 die Krone im Welt-Schach trug, im Zusammenhang mit dem Tod von Daniel Naroditsky im Fokus des Interesses. Der 50jährige Russe soll dem 20 Jahre jüngeren US-Spieler mit Betrugsvorwürfen arg zugesetzt haben. Obwohl es alles andere als erwiesen ist, dass Wladimir Kramnik durch Verdächtigungen oder Beschuldigungen von online-Betrügereien den Tod von Daniel Naroditsky in irgendeiner Form mitverschuldet hat, wird es als möglich betrachtet, dass der Russe den Amerikaner in eine psychische Ausweglosigkeit getrieben hatte. Solche Vermutungen und Beschuldigungen machen derzeit die Runde und werden teils öffentlich erhoben.
Die Behörden im US-Bundesstaat North Carolina ermitteln derzeit in der «Causa Daniel Naroditsky» fieberhaft. U.a. sollen auch toxikologische Untersuchungen durchgeführt worden sein, die jedoch noch nicht ausgewertet worden sind. Aktiv geworden ist auch die Ethikommission des Internationalen Welt-Schachverbandes (FIDE) mit Sitz in Lausanne/Schweiz. Sollte sich herausstellen, dass eine Kausalität zwischen unzutreffenden Mutmassungen und Vorwürfen von Wladimir Kramnik und dem Tod von Daniel Naroditsky besteht, könnte dies ethik-rechtliche Folgen für den Russen, für den selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, zeitigen.
